Buchara und Samarkand

 

Wo die Goldzähne in der Sonne blitzen

 

Die Fahrt hierher ist leider auch kein Honiglecken. Wir fragen uns manchmal, ob wir tatsächlich ein „Expeditionsmobil“ haben??? Denn kaum tut sich eine Bodenwelle auf, und mag diese noch so harmlos erscheinen, stampft Styros mit dem Fahrerhaus hinein, wie ein Dampfer bei rauer See gegen den Wind in die Bugwelle. Einfach scheußlich, und so muss Christian immer wieder die Geschwindigkeit weit runter drosseln. Das macht lange Fahrdistanzen mühsam – in jeder Hinsicht! Am Nordeingang zu Chiwa finden wir eine MAN-Werkstatt, bei der wir unsere Reifen drehen lassen, um die Abnutzung zu reduzieren. Ich erwische leider die falsche Einfahrt, was einen etwas mühsamen Retourvorgang zur Folge hat und die Stimmung im Fahrerhaus wenig erhellt. Ja, so ist er, der Reisealltag!

Irgendwann aber stehen wir erneut direkt an der Altstadtmauer und das Abenteuer kann wieder von seiner schönen Seite beginnen. Jetzt, im Nachhinein, kann ich sagen, dass mir Buchara noch besser gefällt, als Chiwa zuvor. Hier ist es nicht ganz so wie im Museum, hier spielt sich mehr „normales Leben“ inmitten dieser Altstadtmauern ab. Und ein paar Ecken weiter ist man bereits im ganz normal Alltag, fernab jeglichen Tourismus. Natürlich, immer dort hört dann auch die makellose Restaurierung auf, dort liegt der Ziegelhaufen vor dem Haus und die Balken baumeln vielleicht noch vor dem Fenster. Aber es lebt – und das ist wunderbar. Immer braucht es einen Moment, um sich in neuer Umgebung zu orientieren. So auch hier - aber es geht sehr rasch. Unser Parkplatz ist ja ideal, um immer wieder aufs Neue auszuschwärmen und versteckte Ecken dieser herrlichen Stadt zu erkunden. Herrliche Plätze, eine ruhige Bank am Teich oder ein charmantes Cafe, um bei einem Tee zu verweilen. Die Portale der Medresen sind atemberaubend und die Souvenierstände halten sich in Grenzen, einfach weil das Areal größer ist, als in Chiwa. Ja, und es gibt wirklich viele Einheimische Touristen aus Usbekistan und Tadschikistan. Frauen sind fast ausnahmslos in ihren traditionellen Kleidern unterwegs und kommen nicht selten von sich aus auf uns zu. Ein Gespräch ist meist nicht möglich, aber gemeinsames Lachen geht immer! Und spätestens dann blitzen ihre Goldzähne wie kleine Spiegel des Wohlstands im Sonnenlicht. Wir genießen diese Tage sehr.

Wenn ich an manchen langen Fahrtagen darüber jammere, wie wenig Bewegung wir doch machen, so geben mir die täglich über 20.000 Schritte ein gutes Gefühl und die abendliche Müdigkeit gleich mit dazu. Aber noch sind wir mittendrin, haben noch um einen Tag verlängert, weil wir ja Zeit haben, und nicht hetzen müssen. Und der lokale Markt muss auch noch unbedingt ein weiteres Mal erobert werden. Getrocknete Früchte, Nüsse, Obst und Gemüse in Hülle und Fülle, einfach alles, was Usbekistan an leiblichen Genüssen hergibt. Abends die herrlichen Medresen am Registan-Platz beleuchtet zu sehen, ist auch nochmal ein Highlight. Manchen mag es zu viel sein, zu künstlich vielleicht, mir gefällt es. Ich setze mich auf eine der dicken Steinstufen, die schon so viele Jahrhunderte Geschichte erlebt haben und inhaliere diese wunderbare Stimmung. Ohne Zweifel zählt Buchara für mich zu den schönsten orientalischen Städten, die ich besuchen durfte.

Ein letztes Highlight steht auf unserem Programm – Samarkand. Schon alleine der Name lässt mich an ein orientalisches Geheimnis denken und ich freue mich riesig darauf. Vielleicht waren meine Erwartungen zu groß, na jedenfalls ist der erste Eindruck ziemlich enttäuschend. Der Registan, der Hauptplatz mit seinen Medresen als Begrenzung, ist „verschandelt“ mit einer Bühne, Scheinwerfer und Soundequippement. Rasch wird klar, dass hier ein Event geplant ist…. Die FIFA hält hier die Auslosung für die Fuzal-WM ab. Es ist natürlich großartig, dass Usbekistan als Austragungsort gewonnen hat und durchaus auch verständlich, dass die Landesväter für dieses Event ihre Schätze der Öffentlichkeit via TV präsentieren wollen. Aber dennoch enttäuschend für den Touristen, wenn die Hauptattraktion gesperrt wird und das bekannte allabendliche Feuerwerk aus vorbereitenden Soundcheck-Gründen abgesagt wird. Zugegeben haben wir ja immer noch Glück, weil wir so viele Tage hier verbringen. Christian war gleich am ersten Tag hier – weil was man hat, das hat man – und konnte den Platz noch besichtigen. Ich dann nur noch von außen….

Aber ….. sehr bald haben wir bemerkt, dass es an historischen Schätzen andere, viel schönere gibt!!! Die Totenstadt, das Schahi-Sinda-Ensemble, unglaublich faszinierend und wurde wirklich prachtvoll restauriert. Oder auch das Aksaray Mausoleum sind Beispiele beeindruckender Baukunst aus dem 11. und 12. Jh. Aber auch die russische Neustadt mit ihren herrlichen Bauten aus dem 19. Jhd ist einen Besuch wert und motiviert uns immer wieder zu Spaziergängen.

Wir merken, dass ein paar Tage mehr an einem Ort nicht nur Ruhe in unseren Reise Alltag bringen, sondern auch ein kleines Stück Vertrautheit aufkommen lassen - und das tut gut. Mehrere Tage ein einem Ort zu verweilen, das schärft zweifelsohne den Blick. Das Offensichtliche ist schon bekannt, das Auge sucht nach dem Detail. Und davon bietet diese Stadt sehr viele. Die vielen schönen Parks und Grünanlagen fügen wunderbar zusammen, was 4spurige Straßen trennen - ein wirklich ansprechendes Stadtbild. Wir haben die letzten Tage gemeinsam mit Conny und Frank aus Deutschland verbracht – morgen trennen sich unsere Wege wieder. Die beiden fliegen zurück in die Heimat und wir setzen unsere Reise fort – es geht in die Berge…..