Fremde Welten

 

Tiramisu - Berge

Bozzhira - Massiv

Wie gesagt, Mangystau hat mich noch nicht ganz überzeugt, aber ich bleibe ja dran. Es gibt hier, wie ich lese, neben der beeindruckenden Natur über 300 heilige Stätten und unzählige historische Denkmäler. Eine dieser Stätten fahren wir gleich zu Beginn an – es ist wieder mal ein Friedhof. Aber irgendwie ein besonderer, auch mit einem großen, eher undefinierten Gräberfeld rundherum. Da es zu Kriegszeiten so viele namenlose Tote gab, liegen einfach symbolisch Steine dort zum Gedenken. Der Hauptteil des Friedhofs ist gestaltet wie eine kleine Siedlung. Jeder Grabhügel ist von einem gemauerten Vierkant umrahmt, die Steine von der Natur mit tausenden Muschelabdrücken verziert,

Es sind Feiertage und viele Kasachen besuchen die Stätte. Wir dürfen ihre Gastfreundschaft erneut erleben, schon an der Grenze, dann wieder beim Einkaufen und jetzt auch hier. Wäre da nicht die sprachliche Barriere, wir hätten noch viel mehr Kontakt. So bleibt es oft nur bei einem „Welcome to Kasachstan“. Ein wirklich gutes Gefühl!

Ja, und dann fahren wir weiter in Richtung der geologischen Hotspots dieser Gegend! Das Meer von vor Millionen Jahren hat Canyons, Berge und Tiefebenen hinterlassen und wir kommen aus dem Staunen kaum heraus. Ich kenne „bunte Berge“, aber diese hier sind anders, besonders. Die weichen Gesteinsschichten hat die Witterung abgetragen, übrig blieben die harten Bergspitzen in Beig- und Brauntönen. Jemand gab diesen Formationen einen Namen: Tiramisu-Berge. Und ein bisschen sehen sie schon so aus, vielleicht aber auch eher wie eine Doboschtorte mit ihren vielen bunten Schichten. Auf jeden Fall ein optischer Genuss!

Das Wetter zeigt sich von seiner launischen Seite, schickt immer wieder Wolkenbänder über den Himmel. Doch das verleiht der Szenerie ein noch dramatischeres Gesicht. Christian ist natürlich ganz begeistert. Und erst der Sonnenaufgang am nächsten Morgen – ein Gedicht!!

 

Ganz in der Nähe liegt mit dem Boszhira-Trakt einer der beliebtesten Orte Kasachstans. Er setzt sich aus einer ganzen Reihe von Felsformationen unterschiedlicher Größe und Form zusammen und befindet sich am Fuße einer riesigen Schlucht. Von einem Plateau aus kann man das gesamte Tal überblicken. Das weiche Kreidegestein „fließt“ scheinbar an den auslaufenden Berghängen hinunter und bildet fast einen Vorhang, wie ein weißer Volant, der den Sockel der Berge umhüllt. Ich bin völlig fasziniert und kann mich gar nicht satt sehen. Tagsüber kommen recht viele Touristen hierher. Kleine Gruppen mit ihren Guides, die alle Aussichtspunkte abklappern, sich in Pose werfen und rasch ihre Fotos machen. Die Guides sind wieder mal unglaublich freundlich und auch interessiert an uns. Fast jeder bietet uns seine Hilfe für den Fall der Fälle an, gibt uns seine Telefonnummer. Und Timor, dessen Tochter lustiger Weise gerade in Graz studiert, nimmt sich besonders viel Zeit für uns. Zum Abschied gibt es als Geschenk dann noch zwei Haifischzähne als fossile Erinnerung. Auf dem gesamten Gelände kann man angeblich noch viele Artefakte finden. Abends sind wir dann völlig alleine. Das warme Licht der untergehenden Sonne legt sich weich wie Samt über das Gestein und es braucht keine Worte, schauen und fühlen reichen aus. Der Wind pfeift immer noch recht heftig und wie immer gibt die Natur die Regeln vor - Abendessen gibt es wieder im LKW, draußen wird es bald ungemütlich. Doch auch von drinnen genießen wir noch diese herrliche Kulisse, die uns dieser Abend beschert.

Bevor es durch die Steppe wieder hinaus auf die Hauptstraße geht, passieren wir noch das Heiligtum Beket Ata, eine der vielen Underground-Moscheen, die in den weichen Sandstein gehauen wurden. Im 18. Jhd war Beket einer der bedeutendsten Sufi-Prediger und heute zieht seine Gedenkstätte noch viele heimische Touristen an. Über 200 Höhenmeter führen Stufen den Berghang hinunter, damit wir dort dann durch drei kleine Gebetshöhlen schlürfen dürfen. Tja, die Aussicht ins Tal ist grandios, für die sportliche Fitness war es eine gute Übung und Alternative zum vielen Sitzen. Und schließlich wollten wir ja auch dem kulturellen Schatz Mangystaus unsere Aufmerksamkeit schenken.

Also, war ich zuerst von Kasachstan noch nicht so begeistert, kann ich nun sagen, mit Mangystau hat dieses Land unglaublich gewonnen! Auch jetzt muss ich mir eingestehen, dass der Aufwand, hierher zu kommen, schon ein beträchtlicher war – aber ich habe mich nun ausgesöhnt mit Kasachstan - seine beeindruckende Wüstenlandschaft und die Freundlichkeit seiner Bewohner werden mir das Land in positiver Erinnerung erhalten.