Auf Hercule Poirots Spuren

 

Hier auf unserem Schiff  kann man hervorragend die Seele baumeln lassen oder auch richtig kreativ sein. Wir nutzen die freien Stunden auch um uns auf unseren Vortrag im Jänner vorzubereiten. Kein Wunder, dass auch Hercule Poirot hier jeden noch so kniffligen Mordfall zu lösen  verstand, das Ambiente inspiriert einfach ungemein. Mittlerweile bevölkert  schon eine ziemliche Armada an Schiffen den Nil, aber dennoch läuft alles sehr gemächlich ab.

 

Seit dem Bau des Nasser Stausees gibt es das Kernland der Nubier, ihr Unterägypten am Nil  nicht mehr, dieser Teil wurde vollständig geflutet. Der Stausee reicht ja weiter bis in den Sudan. Verblieben ist nur der nördliche Teil der Flusslandschaft, nämlich Oberägypten, den wir jetzt entlang schippern. Auf  halber Strecke zwischen Luxor und Assuan machen wir in der Stadt Edfu halt. Dort befindet sich der am besten erhaltene Kultbau des alten Ägyptens – der Horus-Tempel, jenes dem Falkengott Horus geweihte Heiligtum. Die ehrwürdigen Steine erzählen von Tempelritualen, Mythen, Festen, ja auch von Rezepten heiliger Öle – in Stein gemeißelte Werte, unschätzbare Quellen für die Archäologie. Alles ist riesig, Säulen so hoch, dass einem die bloße Vorstellung dafür fehlt, wie man die monströsen Steine mit den damaligen Möglichkeiten so weit nach oben bringen konnte. Wirklich beeindruckend.

 

Im Ausflugspaket von der Reiseagentur ist dieser Tempel aus Sicherheitsgründen nicht enthalten – und erst später erfahren wir, was es damit auf sich hat. Direkt an der Anlegestelle warten die Kutscher nur darauf, bis das Schiff endlich seine Touristen ausspuckt und man hat Mühe ihnen zu entkommen. Der Kampf um jeden Touristen entfachte vor einiger Zeit allerdings dermaßen heftig,  dass ihre Seele zu kochen begann und Stöcke und Peitschen flogen. Die Schlacht „um jeden Fahrgast“ wurde bis zum Finale ultimo geschlagen, was auch die Polizei aufs Spielfeld brachte. Da diese Szenen unter Umständen auch für die Fahrgäste nicht ohne Folgen bleiben könnten, haben mehrere Reiseveranstalter diesen wirklich wunderschönen Tempel aus ihrem Programm gestrichen. Auch das ist Ägypten – Zurückhaltung ist ihnen in manchen Dingen ein Fremdwort. Und diese Eigenart wird mit den Tagen auch wirklich nervend. Wir lassen die Kutscher so gut es geht links liegen und nehmen uns ein Tuk-Tuk. Am besten immer ein Stück abseits unserer Anlegestelle, weg vom Touristenhotspot. Leider ist es vom ersten Ausflug an spürbar, dass der Touristennepp an jedem neuralgischem Punkt sofort ausufert, etwas weiter weg vom Getümmel aber auch rasch wieder nachlässt. Preise haben eine Schwankungsbreite von bis zu 500 %. Nach Jahrtausenden der Grabplünderei sind es jetzt die Touristen, denen man versucht, das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wir sind da aber weitgehend immun dagegen und wissen uns zu schützen. Ich denke, das muss man auch in diesem Land, ansonsten wird man bald genervt abziehen und Ägypten den Rücken kehren. Und das wäre schade, denn das Land hat viel zu bieten.

 

Etwas weiter südlich erreichen wir Kom Ombo. Hier waren der Krokodilgott Sobek und der falkenköpfige Haroeris zu Hause. Nachdem unsere letzte Griechenlandreise noch nicht allzu lange aus ist, muss ich mir tunlichst Mühe geben, mich in der Götterwelt nicht zu verlaufen, und Griechen, Ägypter und andere Heroen nicht zu verwechseln. Dann haben auch noch die Römer ihre Spuren hinterlassen, was es nicht leichter macht. Also, manchmal schwirrt mir der Kopf. Die Tempelanlage liegt direkt am Nil, und kaum dass wir über die Reling unseres Schiffes steigen, sind wir auch schon im Vorhof des Heiligtums. Welch wunderbare Art, diesen Teil Ägyptens so zu bereisen!