Das war sie nun also, unsere bei Lidl gebuchte Ägyptenreise. Anfangs noch als alleiniger Tauchurlaub geplant, gab es nun die Nilkreuzfahrt obendrauf. Die vielmaligen Bemerkungen der Freunde "was, ihr fährt mit Lidl - wie kann man nur .....? .....das hält ihr nicht durch ...." ließ ob meiner Entscheidung dann doch Skepsis aufkeimen und die Sinnhaftigkeit unseres Ansinnens in Frage stellen. Aber wer´s nicht ausprobiert, weiß es auch nicht. Und was soll ich sagen? Die anfängliche Skepsis wich mehr und mehr einer Überraschung - einer positiven nämlich - und letztendlich gab es (fast) nix zu meckern. Nicht über das Schiff, nicht über das Hotel, nicht über ...... nein, es sollte verkehrt herum sein - es geht schneller darüber zu berichten worüber zu meckern wäre. Aber davon später. Also, wie gesagt - alles gut - einzig vielleicht das Essen. Auch das war ok, wir sind ja in Ägypten und wenn man schon öfter hier war, dann weiß man,  dass einen keine Nouvelle Cusine erwartet. Der Koch hat sich bemüht, und das alleine zählt. Für mich erschwerend war einzig und alleine die schier hemmungslose Verwendung von Koriander. Das scheußliche grüne Kraut war wirklich nahezu überall drin. Und anders als in Indien, wo es wenigstens hauptsächlich zur Dekoration verwendet wird, ist es hier überall untergemischt und somit nicht zu vermeiden. Ein Albtraum für den bereits ohnehin koriandergeschädigten Gaumen. Na wenigstens weiß ich jetzt auch was Koriander auf Arabisch heißt.

 

Was im Vorfeld nicht ganz klar war, war der Grad der Bewegungsfreiheit, die uns eingeräumt wird  - nämlich aus Sicherheitsgründen. Wir haben zu Hause von zwingender Polizei- und Militärbegleitung gehört, bis zu Hinweisen, dass man sich alleine überhaupt nicht vom Schiff bewegen darf. Gleich vorneweg - alles Humbug. Die organisierten Touren werden zwar von einem mit Schnellfeuergewehr bewaffneten Pseudowachmann begleitet - ob der aber im Falle des Falles von Nutzen ist, darf angezweifelt werden. Jedenfalls hat der Reiseleiter an uns ganz schnell sein Interesse verloren, und wir konnten tun und lassen was und wie wir wollten. Und wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist, dann hilft auch der Pseudowachmann nicht mehr - Also - sei´s drum - es hat alles perfekt funktioniert.

 

Was allerdings ganz deutlich und mit aller Heftigkeit gesagt und auch kritisiert  werden muss, ist der Umgang mit Touristen an jenen  "Hotspots" an denen sich diese eben bewegen. Früher wurden die Gräber der Pharaonen geplündert, heute sind es die Touristen, die geplündert werden.  In keinem Land der Welt, wirklich in keinem, hört man innerhalb kürzester Zeit so oft  die  Wörter "Euro , Dollar , Bakschisch". Man hat wirklich das Gefühl, ein wandelnder Euro- oder Dollarschein zu sein. Und dieses Gefühl wird mit Nachdruck und arabischer Deutlichkeit vermittelt. Es ist für den Ungeübten schier unmöglich, sich alleine außerhalb des Schiffes zu bewegen, ohne nicht übers Ohr ( oder über beide ) gehauen zu werden und sein Geld ob des Drängens und der Nötigungen dann doch dort zu lassen wo  man ursprünglich gar nicht hin wollte. So findet sich der Unbedarfte dann ganz schnell in einer Pferdekutsche wieder, hat für eine Unsumme einen wertlosen Ausflug gebucht oder hat plötzlich zwei Kilogramm ausgetrocknete Gewürze vom "einheimischen Bazar" , natürlich alles "organic" für ein Vielfaches des wahren Wertes in der Hand. Am unverfrorensten sind die Safranhändler. Wenn man allerdings weiß, dass es in Ägypten gar keinen Safran gibt und allfällige Fäden davon importiert werden müssen, und man sich dann noch über den Weltmarktpreis kundig gemacht hat, wird ganz schnell feststellen, dass hier etwas faul sein muss. Und all das wird auch noch von der lokalen Reiseleitung unterstützt - die Preise für Ausflüge oder Besichtigungen oder Stadtrundfahrten (mit Tee bei einer natürlich "typisch  einheimischen"  Familie in einem "echten" Nubierdorf  ..... ) sind pure Abzocke. 

 

Nun aber genug damit - nun  kommt das Positive: In keinem anderen Land bisher haben wir ein derart rasantes Gefälle zwischen den oben geschilderten unangenehmen Umständen und der sprichwörtlichen und auch unaufdringlichen Freundlichkeit und Gastfreundschaft der ägyptischen Bevölkerung erlebt.  Und dieses Gefälle ist zum Quadrat direkt proportional mit zunehmender Entfernung zu diesen touristischen "Hotspots".  Kaum entfernt man sich in Gegenden wo mit ziemlicher Sicherheit keine Touristen mehr aufkreuzen, sind die Menschen, so wie auch sonst auf der  Welt, hilfsbereit (auch ohne Geld), interessiert und gastfreundlich. Dies ist also Gott sei Dank kein alleiniges ägyptisches Phänomen, die o.g. Umstände allerdings schon - das gibt es in dieser aggressiven Form sonst nirgendwo.

 

Nachdem wir aber gewohnt sind - wenn auch nicht in dieser Intensität - mit solchen Dingen umzugehen, haben wir uns dadurch nichts verderben lassen. Zudem konnten wir  alles, und sogar noch mehr von dem wir uns vorgestellt haben, auch machen, und somit haben wir die Reise in vollen Zügen genossen. Schlussendlich freuen wir uns jetzt schon - so ferne es die politischen Verhältnisse dann zulassen werden, auf die Durchquerung Ägyptens mit unserem LKW.   

 

Abschließend wollen wir jedoch auch noch einen Umstand klären, dessen mögliche Wirkung sowie eventuelle unerwünschte Nebenwirkungen uns schon zu Hause beschäftigt haben. Also :  

 

Abgesehen von unserer netten Gruppe ist nun also letztendlich doch jener Effekt eingetreten, den wir erwartet, ja eher noch befürchtet haben. Nämlich : der "Lidl-Effekt"! Kann man an der Reise selbst tatsächlich nichts aussetzen, das Gebotene übersteigt eindeutig bei Weitem den bezahlten Preis, und man fragt sich, wie die Leistungen dieser Reise auch nur im Entferntesten mit den eingeworfenen Euros in Einklang zu bringen sind, so macht sich nun doch die Diskont Reise auf eindrucksstarke und nachhaltige Weise bemerkbar. Nämlich insofern, als dass sich so manches ungewollt mitgehörte  wie auch aufgedrängte Gespräch ebenso auf jenem geistigen Diskont Niveau befindet, vor dem man wahrlich Angst haben muss und Gefahr läuft, dadurch von Ohrenkrebs oder einer noch schlimmeren Krankheit befallen zu werden. Hat sich jener Umstand am Schiff noch in Grenzen gehalten, da Dank Fahrtwind jene erwähnten geistigen Ergüsse in die Weiten der libyschen Wüste getragen wurden, und dort im trockenen Sand versickerten, prallen sie nun innerhalb der Hotelmauern allerdings quasi als Echo mehrfach verstärkt  erbarmungslos auf uns hernieder. Da hilft dann nur die Flucht nach vorne und wir suchen unser Heil in der "beschäftigungsfreien" Zeit am Relaxpool. Dort allerdings, löst eine - sagen wir es mal vornehm - gut genährte mitteleuropäische Mitreisende, als sie in eben jenen springt, gleichsam einen Tsunamialarm aus. Dies Alles soll nun allerdings keineswegs herablassend oder herabwürdigend klingen, gibt es doch vielmehr einen tiefen Einblick in das offenbar unerschöpfliche Panoptikum der menschlichen Natur.

 

Fazit also: Wir haben´s gemacht, wir haben´s gesehen, es war ok - Wiederholung gibt´s nicht!