Grenzübertritt

Noch in der Türkei beginnen die „Vorbereitungen“ für den Iran. Das heißt konkret, es gilt, die letzten Alkoholreserven und unsere Elise (unser fotogieriges Flugobjekt, um erst gar keine verbotenen Worte zu verwendenJ) sicher zu verstecken. Wir Frauen adaptieren unser Outfit und legen lange Blusen (über den Allerwertesten!) und Kopftücher zurecht. Letzte Informationen werden ausgetauscht, wie es denn so beim Grenzübertritt laufen könnte, was jeder beachten sollte, usw. Schauergeschichten eines Reisefreundes, der über die armenische Grenze in den Iran eingereist ist, machen nicht gerade Mut. Aber mal sehen. Mittlerweile sind wir drei große LKWs und wollen gemeinsam rüber. Ich muss es zugeben, diesmal sind wir beide etwas angespannt – man weiß ja nie. An der Grenze gibt es ein ziemliches Dohuwabohu. Unzählige Transport-LKWs machen sich und uns den Platz streitig und wo wir uns nun einreihen sollen, ist nicht wirklich klar. Wir machen`s halt. Die Ausreise aus der Türkei sollte ja eigentlich easy sein, was sich leider für Marc und Doro nicht ganz so gestaltet. Es ist sicherlich dem Zufallsprinzip des Computers geschuldet, aber der Zöllner fordert zuerst Christian, dann aber doch wieder Marc (??) auf, mit seinem Auto noch durch den Scanner zu fahren. Bei der Ausreise, wohl bemerkt!! Wer soll das verstehen. Nun blockieren wir drei aber schon ziemlich formatfüllend die Straße, und Marc steht ganz vorne, der Scanner ganz hinter (!). Das heißt vorerst mal rangieren und den armen Marc hier zurück lassen. Ein freundlicher Mann nimmt uns gleich „an der Hand“, erleichtert uns die Grenzformalitäten und wir flutschen irgendwie an langen Menschenschlangen vorbei. Wir sind schon beinahe im Iran, da heißt es plötzlich, wir dürften unser Motorrad nicht mitnehmen. Nicht wegen der Kubikzahl (diese Sorge hatten wir nämlich), nein, weil beide Carnets (für Auto und Motorrad) auf Christians Namen ausgestellt sind. Das ginge so nicht – heißt es! Wieder was ganz Neues. Nun gut, mittlerweile hat sich auch herausgestellt, dass unser Helfer kein Angestellter der Zollbehörde ist, sondern dass er durchaus „eigengeschäftlich“ handelt. Dadurch bekommen manche „Einwände“, irgendetwas könnte nicht stimmen, eine völlig andere Bedeutung. Auch Thomas braucht jetzt noch eine ausgedruckte Versicherungskarte für sein Auto. Schließlich aber könnte man alles mit Geld ausgleichen, versichert uns der nette Herr. Aber so schnell geben wir uns nicht geschlagen…. und beides lässt sich klären. Christian bleibt einfach standhaft und Thomas hat einen Drucker dabei und kennt sich mit Fotoshop ausJ! Man muss sich nur zu helfen wissen. Für die Unterstützung bekommt der gute Mann statt Euro 50,-- dann 5,-- und ist letztlich auch zufrieden. Marc braucht noch eine Stunde länger in der Türkei, um sich an all den Transportern vorbei zu schummeln und durch den Scanner zu fahren, schließt dann aber bald auf. Wir sind also alle drin – im Iran!! Geschichten über Geschichten und immer sind sie anders. Über Grenzformalitäten alleine könnte man Bücher schreiben.

 

Unsere nächste Aufgabe besteht darin, uns wieder eine Simkarte zu besorgen, zum Recherchieren und auch um untereinander in Kontakt bleiben zu können. Es dauert ewig, aber es klappt ….. genau für einen halben Tag! Dann sind alle Karten funktionslos! Wir können es uns nicht erklären. Die Annahme, wir wären in eine Funkzelle gefahren, die einfach fehlerhaft auf unser Login geantwortet hätte, bleibt die einzige vage Erklärung. Sehr mühsam und ärgerlich. Der Versuch, im nächsten Ort das ganze Procedere zu wiederholen, misslingt ebenfalls. Die Leitungen bleiben tot. Man hört ja so allerhand Geschichten bezüglich Iran und Internet. Dass Telefone geblocked werden, dass Datenvolumen abgesaugt würde, dass Informationen mitgeschnitten werden usw. usw. An allem wird irgendetwas dran sein, aber man weiß nichts Genaues. Schon in der Türkei, nahe an der Grenze zum Iran, spielten unsere GPS-Sender verrückt bzw. konnten kein Signal mehr empfangen. Eindeutig Störsender, die hier am Werke waren. Ein kleiner Pferdefuß in diesen ersten Tagen.

 

Unsere erste Nacht verbringen wir an der Thaddäuskirche hoch in den Bergen. Diese UNESCO-Welterbestätte ist armenisches Kulturgut und ein bedeutender christlicher Wallfahrtsort. Wir befinden uns noch ganz im Westen des Landes, in der Provinz West-Azerbeijan. Abends wird es hier in den Bergen empfindlich kalt, wofür das ausgeprägte Kontinentalklima sorgt. Also mit gemütlich vor dem LKW sitzen wird es heute nichts mehr. Wir verbringen aber eine erholsame erste Nacht im Iran und lassen erst mal alles auf uns wirken. Die Erwartungen für die nächste Zeit sind hoch. Schließlich hat noch fast jeder Reisende berichtet, dieses Land sei ein Traum und seine Menschen der Inbegriff an Freundlichkeit. Also, dann lassen wir uns mal überraschen…