Das Dorf auf dem Felsklotz

Unsere Reise führt uns weiter entlang der Ostküste dieses dritten Fingers gen Süden. Die Fahrt entlang der Küste gibt immer wieder erstklassige Ausblicke auf wunderschöne Buchten und das türkisblaue Meer preis. Und daneben verwöhnt die Natur unser Auge mit Blumenteppichen in Gelb und Lila. Die gute Asphaltbahn schlängelt sich zwischen tausenden Olivenbäumen hindurch, dann wieder hinauf auf ein Hochplateau. Dichte Macchia überall und wir haben ein bisschen das Gefühl auf  einer Alm zu sein. Wieder unten angekommen, taucht dann plötzlich der mächtige Felsklotz von Monemvasia  vor uns  auf, ohne Zweifel das touristische Highlight der Gegend. Wie ein dahingeworfenes Eiland steigt das Bergmassiv gewaltig aus den Fluten empor.  Pelops  kommt diesmal nicht mit uns mit, er steigt lieber vorher aus und macht Halt an den mächtigen Mauerklötzen des antiken Epidavros Limera. Wie gesagt, wir wollen nicht jeden Steinhaufen Griechenlands erkunden, da würden wir nie fertig werden. 

 

Monemvasia heißt frei übersetzt angeblich „nur ein Zugang“, und so ist es ja auch. Ein schmaler Landstreifen und eine Brücke verbinden den Klotz mit dem Peloponnes. Der Wind bläst immer noch ganz kräftig und wir fühlen uns gar nicht so wohl als wir über die Brücke fahren und gleich mal gewaltig Seitenwind abbekommen. In der Hoffnung dass die Geometrie des Autos gut ist und  die Gewichtsverteilung „schwer unten, leicht oben“ ausgewogen sein möge parken wir am anderen Ende der Brücke in Fußmarschnähe zur Altstadt. An der Rückseite des Inselfelsens, zuerst gar nicht sichtbar, erwartet uns ein mittelalterliches Kleinod. Die alten Häuser wurden ganz eindeutig nur für den Tourismus renoviert, angeblich leben noch 70 Menschen in der Altstadt, aber dennoch ist es ein Vergnügen hindurch zu spazieren. Schmale steinerne Trampelpfade führen durch eine Ober- und eine Unterstadt. An jeder Ecke gibt es was zu entdecken – ein byzantinisches Kirchlein, eine ausgefressene Katze am Dachvorsprung, ein wunderbarer Blick auf das immer noch tosende Blau, verwinkelte Stufen und enge Torbögen - steinerne Zeugen einer längst vergessenen Zeit. Nun gibt es zwar nur noch Cafès und kleine Läden in den alten Gemäuern, aber zweifelsohne liebevoll restauriert. Und da die Zahl der Touristen zu dieser Zeit noch immer an zwei Händen abzuzählen ist, stört uns das wenig. Christian muss gleich dreimal ausrücken, um die Szenerie zu jeder Tageszeit einzufangen.

 

Monemvasia, dieser uneinnehmbare Felsen, wusste seine gute geographische Lage stets zu nutzen und kam rasch zu Wohlstand. Die Kaufleute der Stadt hatten steuerfreien Zugang zu den Märkten des riesigen byzantinischen Reiches. Anscheinend hat die Bevölkerung Griechenlands schon sehr früh gelernt, Steuergelder lieber für den persönlichen Reichtum zu nutzen als ihn  „unnötig abzugeben“. Überhaupt fällt uns auf, dass hier am Peloponnes alles sehr ordentlich und hübsch, ja unerwartet großzügig restauriert und hergerichtet ist. Kaum irgendwo sieht man veraltete oder verfallene Häuser (außer natürlich Antikes). Man spürt eigentlich nichts von einem Mangel, zumindest für die Infrastruktur scheint genügend Geld vorhanden zu sein.

 

Gegessen wird heute wieder einmal indoor, weil`s einfach zu sehr bläst. Wir haben die Seite der schmalen Dammstraße gewechselt und stehen jetzt unter den Bäumen direkt am Meer. Der Blick ist beeindruckend, die weißen Schaumkronen der immer höher werdenden Wellen branden gegen die Kaimauer und ans Ufer. Styros kriegt eine gehörige Portion Salz ab, was ihm gar nicht gefällt, wir bleiben natürlich trocken. Die Nacht ist unruhig und ständig schlagen die Zweige der Bäume gegen unsere Astabweiser. Irgendwann am frühen Morgen, nachdem Christian schon mindestens dreimal aufgesprungen war, um nach draußen zu schauen, beschließen wir wieder mal „umzuankern“ und parken mehr im Windschatten ein kleines Stück weiter vorne an der Zufahrtsmauer zu einem Hotel. …. um dann etwas später noch ein Stück weiter zu fahren … jetzt ganz im Schutz des Felsklotzes. Nur gut dass diese Umparkmanöver rascher und einfacher gehen als das wahre Umankern mit Schiff. Auf See möchten wir übrigens dieser Tage verbindlich nicht sein.  

 

Wir klauben Pelops wieder ein und fahren bis an die Südspitze des Fingers, nach Porto Kagio und weiter bis ans Kap Tenaro, einer der südlichsten Punkte Griechenlands und definitiv der südlichste Punkt des europäischen Festlandes. Pelops führt uns zu den steinernen Resten des Totenorakel Poseidon`s und  zeigt uns eine kleine Höhle – einen Eingang zur Unterwelt! Er holt uns nah heran, senkt seine Stimme als ob er Vertrauliches erzählen würde und platzt dann mit einer ganz unglaublichen Geschichte heraus: Es war Herakles` letzter Auftrag – Kerberus den Höllenhund aus dem Hades zu holen! Und der coole Herakles ließ sich nicht lumpen, packte das Untier, würgte es, ließ sich nicht von seinem Drachenschweif  beeindrucken und zerrte Kerbarus an die Oberfläche!! Uns schaudert ein bisschen bei der Vorstellung daran…..nichts wie weg von hier. 

 

Unser nächster Übernachtungsplatz ist direkt in der Hafenbucht von Porto Kagio. Das Wasser ist glasklar, das Platzangebot eher spärlich, doch wir finden schon was für eine Nacht. Schließlich war die Fahrt über die unzähligen Spitzkehren vom Berg nach unten in die Bucht alleine schon die Reise wert. Zweimal mussten wir mit Styros reversieren, einmal sogar verkehrt in eine Seitenstraße zurücksetzen um wieder eine Etage tiefer zu kommen. Fahrtechnisch eine kleine Herausforderung und gute Übung – nun würde Christian jeden „Elch-Test“ bestehen.