Prächtiges Lakonien

Wir starten unseren Tag auf  Meeresniveau, im wirklich netten Hafen von Githio. Unser Nachtplatz direkt am Pier, lässt Segelfeeling aufkommen, wenngleich bei näherer Betrachtung nur völlig marode Schiffsleichen an der Mole vor uns liegen. Christians Sehnsucht erwacht dennoch und ich genieße einfach diesen Ausblick auf die herrliche Abendkulisse der Stadt. Souvlaki und Retsina in der Taverne runden den Tag perfekt ab.

Doch am nächsten Morgen ist`s vorbei mit easy-going, schließlich sind wir Österreicher ja ein Bergvolk, können das Wandern also nicht ganz lassen. Zu dieser Jahreszeit ist das peloponnesische Hochgebirge eine wahre Freude. So geht es auf den höchsten Gipfel im Taygetos-Gebirge, den Profitis Elias, auf 2407m. Wie eine Pyramide ragt der mit kleinen Schneefeldern gezierte Gipfel majestätisch empor. Was zuerst Styros bewältigen musste, nämlich die vielen Kurven hinauf  bis zum Wanderparkplatz, das machen wir ihm dann nach. Ich weiß nicht, wer mehr geschnauft hat, auf jedenfalls hatte Styros sicher nicht zwei Tage danach noch Spatzen, so wie ich obwohl er mehr Höhenmeter bewältigen musste. Vom Wanderparkplatz nochmal bergauf bis zur Schutzhütte sind es dann insgesamt ca. 1700 Höhenmeter. Der Turbo pfeift, der Auspuff qualmt und Greta hätte so gar keine Freude mit uns ....  Ich denke der Durchschnittsverbrauch wird so um die 100 Liter liegen .... In den Foren steht dass 3,80 m Radstand so das Limit für diese Etappe wären, ich kann allen Unkenrufen zum Trotz bestätigen : Es geht auch mit 4,20 m wenn man das Fahrzeug im Griff hat.

Mythen ranken sich um den Taygetos. Missgebildete Kinder aus Sparta und Mystra mussten in seine Schluchten geworfen werden und noch andere Schauergeschichten kann man der Mythologie entlocken. Wir jedoch erleben die Besteigung als wunderbare Abwechslung zu vielen Fahr- und Sitzstunden. Der Wald hier am Fuße der steilen Hänge duftet ganz besonders gut, so finde ich. Obwohl wir schon sehr früh unterwegs sind, macht sich im Unterholz bald die beginnende Wärme breit und gibt süßliche Duftmarken frei. Weiter oben dominiert der Kalkstein aus dem Tertiär und wir hoffen, nicht in eine jener sagenumwobenen Spalten zu fallen. Immer wieder steigt uns der Duft von wildem Thymian in die Nase. Wir sind lange Zeit die Einzigen unterwegs, nur am Gipfel begegnen wir einer Schweizerin – dort treffen sich nun mal die Bergvölker! Die Temperatur ist zum Wandern perfekt, wenngleich die Sonne mit großer Kraft agiert und wir an eine Besteigung in den Sommermonaten bei 40 Grad gar nicht denken wollen. Wir haben`s einfach gut erwischt und die Aussicht vom Gipfel ins Tal bis nach Sparta entlohnt für den anstrengenden Aufstieg. Ca. 1000 Höhenmeter in 2:30 bis zum Gipfel waren nun doch ein klein wenig sportlich motiviert.

Noch am selben Tag geht es entlang mythologischer Spuren weiter ein Stück nach Norden, bis nach Mystras. Am steilen Hang eines Taygetos-Ausläufers erhebt sich eindrucksvoll die Ruinenstadt. Wir übernachten wunderbar auf einem Stück abgemähter Wiese mitten im Olivenhain mit Blick auf den Burgberg. Hoch oben auf der Spitze stehen die Türme und Mauerreste der venezianischen Festung und darunter verteilen sich die Ruinen der mittelalterlichen  Stadt Mystras. Wir wandeln wieder mal völlig alleine durch die engen Gassen und lesen mit Erstaunen in unserem Reiseführer, dass sich im Juli/August täglich Tausende von Touristen den Hang hinauf wälzen. Ganz ehrlich, wir wissen unser antizyklisches Reiseverhalten sehr zu schätzen und sind dankbar für diesen herrlichen Ausflug. Langsam kommen meine von gestern noch müden Muskeln wieder in die Gänge und wir blicken von hoch oben über die lakonische Ebene.

 

Die mächtige Festung beherrschten Byzantiner, Türken, Venezianer und irgendwann dann auch Griechen. Es ging aber nicht immer nur um Verteidigung, sondern mehr und mehr entwickelte die Stadt ein politisches und v.a. kulturelles Eigenleben. Und so war Mystras über lange Zeit der Nabel der byzantinischen Welt auf dem Peloponnes. Die architektonischen Meisterwerke sind wunderbar restauriert und so als Zeitzeugen für die Nachwelt erhalten geblieben. Wir lieben es, nicht nur zwischen wenigen „alten Steinen“ zu wandeln, sondern uns an noch ganzen Bauwerken zu erfreuen, auch wenn uns die schönen Wandmalereien im Inneren coronabedingt verwehrt geblieben sind.