Pangong Tso

und

Nubra valley

 Hanle –über Nyoma und Chushul nach Spangmik am Pangong Tso (200 km) – Hunder (170 km)

 

Als wir am nächsten Morgen in Hanle aufwachen, sehen wir Schnee auf den Bergen. Nicht viel, aber es hat die Hänge angezuckert. Es ist also vorerst auch noch trüb und hat abgekühlt. Die ersten Vorboten des Winters haben sich gezeigt. Unser Tagesziel heute, ist der Pangong Lake. Die Straße ist wieder hervorragend, da militärisch genutzt. Wir passieren unzählige Militärcamps, sogar noch als wir nach Nyoma die Route quer über das Gebirge nach Chushul wählen. Über unzählige Kurven windet sie sich den Berg nach oben bis zum Kaksang La auf beinahe 5500m, oben dann lange quer über das Plateau und auf der anderen Seite wieder abenteuerlich nach unten. Ein Asphaltband quer über die Bergrücken, wi es ansonsten wirklich nichts gibt – sehr eigenartig. Die Fahrt ist schön, dauert aber doch wieder recht lange, bis wir dann endlich den See vor uns auftauchen sehen. Einige Feuchtgebiete am westlichen Ufer verleihen dem See ein herrliches Farbenspiel in Gelb, Blau und Grün.

Der auf einer Höhe von 4225 m liegende See ist 134 km lang und liegt zu 50 % in Tibet, also in China, zu 40 % in Ladakh, also Indien, und 10 % entsprechen einer De-facto-Pufferzone zwischen Indien und China. Nach ständigen Grenzstreitigkeiten, beschlossen die beiden führenden Machthaber keine „scharfen „affen“ gegeneinander mehr einzusetzen. Woraufhin im August 2017 sich indische und chinesische Streitkräfte in der Nähe von Pangong Tso einen Nahkampf mit Tritten, Schlägen, Steinen und Stangen lieferten, mit hohen Opferzahlen. Sie haben sich regelreicht gegenseitig erschlagen!! Zuletzt kam es 2020 zu einer Konfrontation am Südufer, aus der sich Indien dann entschied, zurückzuziehen, um eine größere Eskaltation zu verhindern. So bleiben die Gebietsansprüche zwar umstritten, dennoch wurde die indische Seite Touristen zugängig gemacht. Und seit der See auch Schauplatz für einen Film war, zieht es – v.a. in den Sommermonaten – unzählige indische Touristen für einen Ausflug hierher. Meine Erwartungen waren aber ganz offensichtlich zu hoch. Dachte ich mir, hier ein charmantes Seeidyll vorzufinden, habe ich mich darin leider kräftig getäuscht. Das ganze Seeufer gleicht wieder einer riesigen Baustelle. Eine Vielzahl an teilw. Sehr runtergekommenen Zeltstädten flankiert den See, dazwischen einige nicht minder desolate Gästehäuser. Wir wählen eine Zeltunterkunft in erster Reihe zum See, was jedoch nichts daran ändert, dass alles ungemein einfach und desolat ist. Diesmal wird nun doch wieder unser Seidenschlafsack ausgepackt!! Was soll ich sagen … um unsere Runde zu fahren, wären wir ohnedies hier vorbei gekommen … ein Muss, wenn der See nicht auf der Strecke liegt, ist er meiner Meinung nach nicht! Was ein bisschen verwundert, ist die die Gegend im Sommer doch tatsächlich von – vornehmlich – indischen Touristen geradezu bevölkert. Was hier letztlich so attraktiv ist, entzieht sich ein bisschen meiner Vorstellung. Doch Christian wird wohl recht haben, wenn er meint, wenn Zentralindien im Sommer nur Hitze und Schwüle bietet, ist der Pangong Tso wohl doch eine ansprechende Alternative, die noch dazu von Leh aus recht leicht per Taxi zu erreichen ist.

Wir haben somit die Changtang-Runde quasi beendet und starten nach Norden ins Nubra-Tal. Der ursprüngliche Name der Region bedeutet übersetzt „Blumengarten“. Und tatsächlich blühen hier ungewöhnlich viele Arten unterschiedlichster Pflanzen, die Gärten schmücken. Entlang des Nubraflusses reihen sich perlschnurartig kleine Ortschaften wie Oasen aneinander. Bei genauerer Betrachtung ändert sich auch hier an der Zahl der Baustellen aber leider wenig. Die große Attraktion von Hunder sind die Sanddünen, was natürlich noch mehr Staub in der Luft bedeutet. Und wir sehen jeden Tag mehrmals gelbliche Wolken den Himmel färben, sobald der Wind am Nachmittag auffrischt. Kleine Sandstürme also vorprogrammiert. Die dann ja doch sehr kleinen Sanddünen beeindrucken uns weniger, wohl aber die doppelhöckrigen Trampeltiere aus der Mongolei, die an die Vergangenheit erinnern, als Hunder noch Knotenpunkt entlang der Seidenstraße war. Sie sind viel wuscheliger und bauschiger, als ihre Artgenossen aus den reinen Sandwüsten. Eine ganze Herde macht uns die Freude, früh morgens aus dem Gebüsch zu kommen. Langsam trotten sie an uns vorbei auf ihrem Weg zum „Arbeitsplatz“. Ab 10.00 Uhr werden sie gesattelt und stehen für kleine Touren zur Verfügung. Ja, auch dieses Tal ist durchwegs touristisch – des weiteren Zippline und Quad-Fahren inklusive.

Es gibt zwei sehr schöne Klosteranlagen hier in Nubra. Die Gompa in Diskit, das größte und älteste Kloster in Nubra, besticht durch seine gut erhaltenen Innenräume. Als wir die vielen Stufen – wieder mal mit viel Geschnaufe – nach oben kommen, hallen bereits die Morgengesänge der Mönche in den alten Gemäuern wider. Es hat etwas Beruhigendes, wenn man sich darauf einlässt. Und irgendwann fange ich dann selbst an im Rhythmus ihrer Mantras vor und zurück zu wippen. Die größte Attraktion des Klosters ist die 32 Meter hohe Statue von Maitreya Buddha oder dem Future Buddha, die das Tal überblickt. Die Statue wurde 2010 vom Dalai Lama geweiht und ist natürlich wieder Selfi-Motiv Nr.1 für alle indischen Touristen. Und falls ich es noch nicht erwähnt habe, die Zahl der nicht-indischen Touristen ist extrem gering. Vielleicht ist dies im Sommer anders. Jetzt sind wir meist die einzigen. Das große, wesentlich neuere Samstangling-Kloster in Sumur ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert, hat aber bei weitem nicht jenes Flair wie die alte Gompa in Diskit.

Die drei Tage hier im Nubratal waren entspannter als die zwei Wochen davor in so großer Höhe und Kargheit, dennoch ist der ganz große Funke der Begeisterung nicht übergesprungen. Daher ist meine Vorfreude auf Leh nun umso größer…