Im Land der Trolle und Feen

 

Vor rund 20 Mill Jahren schleuderten gleich mehrere Vulkane gleichzeitig und wiederholt ihr Innerstes nach außen und bedeckten die Erde mit Gesteinsschichten verschiedener Festigkeit und Farbe. Wind und Wetter haben tiefe Schluchten gegraben, Tuffsteinpyramiden aus dem Boden wachsen lassen und formten diese einzigartige Landschaft. Der Erosionsprozess ist immer noch im Gange und verändert weiterhin langsam aber ständig das Bild.

 

Die Besiedelung der Region erfolgte bereits im Neolithikum. Ab dem 2. Jhd. war Kappadokien dann immer wieder christliches Kernland. Und als der Islam seinen Siegeszug führte, wurden die Wohnungen und Kirchen in dieser Tufflandschaft zu Fluchtburgen und unterirdische Städte zu lebensrettenden Verstecken. Viele unterirdische Städte, bis zu 12 Stockwerken tief, zeugen davon. Soweit die Fakten, die sich überall nachlesen lassen. Aber noch viel beeindruckender ist es, wenn man hier steht, wenn man all das sehen und fühlen kann.

 

Irgendwo hoch oben auf einem Plateau oder auch tief unten zwischen den Feenkaminen. Wohin man auch sieht, das Weiß des Tuffsteins schmerzt fast in den Augen, so hell ist es im gleißenden Licht der Sonne. Im Rosental  durchziehen rötliche Schichten die Wände und manche Gegenden wieder sind so durchlöchert, wie ein Schweizer Käse. Wie geschaffen für Wohnhöhlen und Kirchen. Die Natur hat eine Fülle an natürlichen Plastiken geschaffen, wie in einer Märchenwelt und lässt einen daran glauben, dass in jedem Turm eine Fee, in jeder Höhle ein Kobold lebt. Und ja, wer weiß? Wenn die untergehende Sonne ihr warmes Licht über diese Zauberwelt legt, wenn die Schatten ganz lange werden, wenn die Touristen die Täler verlassen haben und alle irgendwo oben auf den Sonnenuntergang warten, dann habe ich schon den einen oder anderen Troll gesehen. Und nachts, da gehört die Welt dann ihnen ganz alleine. Bis sie allmorgendlich erneut von einem dumpfen Grollen gestört werden, als ob die Vulkane wieder zu speien beginnen wollten. Fast bedrohlich. Es ist das Fauchen der Propangasbrenner, wenn sie die Luft in den Heißluftballonen erwärmen. Erst wenn die Sonne langsam am Horizont nach oben kriecht, wird es langsam wieder leiser….. und unzählige Ballone bevölkern den Himmel über Kappadokien. An die 200 Riesen schweben über den Tuffsteinkaminen und verscheuchen sicherlich all die Kobolde und Feen. Doch es ist und bleibt eine einzigartige, zauberhafte Landschaft, an der wir uns kaum sattsehen können. Immer wieder zieht es uns in diese märchenhaften Täler und auf die Plateaus mit ihren grandiosen Ausblicken.

 

George Lucas hat seine Star Wars Trilogie hauptsächlich in Tunesien gedreht und Peter Jackson seine Hobbits aus Herr der Ringe nach Neuseeland verfrachtet….. aber beide hätten genau so gut hier drehen können! Märchenhaft, bizarr und absolut gigantisch. Doch sicher ist es besser, dass der türkische Staat und die UNESCO schützen, was noch da ist. Auch hier ist natürlich ein unglaublicher Touristenanstieg zu verzeichnen. Alle wollen sie zeigen: Ich war hier! Dazu werden Oldtimer angemietet (die eigentlich auf eine bestimmte Karibikinsel gehören), auf und vor denen dann posiert wird. Eigene Requisitenhalter laufen herum und bringen den Damen Schals, Hüte und andere Accessoires, um jenes „one and only, einzigartige Bild“ zu kreieren. Die eigentliche Schönheit dieser Landschaft wird zur Hintergrundkulisse degradiert. Eine völlig verrückte Welt, die sich da auftut. Zum Glück ist dieses Weltwunder so riesig, dass es genügend einsame Ecken, Täler und Plateaus gibt. So können all die Feen, Kobolde und Trolle dieser Landschaft weiterhin im Verborgenen existieren.  Und manchmal, wenn man ganz genau hinsieht, kann man sie auch sehen ….