Elke´s Cuba

 

Mit heute treten wir praktisch unseren Heimweg an, der sich leider ein bisschen kompliziert gestaltet, da wir keinen Gabelflug gebucht haben, sondern jetzt erst mal wieder zurück in den Westen müssen. Aber macht nichts, die Richtung ist eindeutig  und das ist gut so, wir freuen uns beide schon auf zu Hause. Das ist auch so eine Erkenntnis langjährigen Reisens, die Vorfreude auf die gewohnte Heimat ereilt uns stärker  und früher.  Mir ist dies ja nicht neu, eher für Christian, ich nehme es allerdings auch immer stärker wahr.

 

Es ist aber auch der Zeitpunkt mir die Frage zu stellen, wie mir die letzten vier Wochen denn gefallen haben. Eines steht fest,  ich werde ein ganz spezielles Bild von diesem Land behalten, etwas hat sich ganz stark in mein Gedächtnis eingeprägt – das Straßenbild.  Nicht die kolonialen Häuserfronten an sich, sondern das, was sich dazwischen abspielt und wie es sich abspielt. Es ist die vielfältigste Melange an unterschiedlichen Menschen und Gefährten die ich je erlebt habe. Die ethnische Vielfalt auf Kuba`s Straßen ist das Ergebnis der Geschichte dieses Landes.  Latino-afrikanische Mischlinge vermischten sich mit den Ethnien aus der Kolonialzeit und schufen dieses kubanische Potpourri. Ganz abschaffen ließ sich angeblich das tief verwurzelte rassistische Gedankengut leider nicht, aber es ist im Alltag kaum sichtbar  und so fühlt sich Kuba gut und leicht an. Und schon alleine dieses Gefühl der Leichtigkeit gepaart mit jener Vielfalt war für mich diese Reise wert.

 

Und neben diesem bunten Völkergemisch ist es dieses Sammelsurium an  unterschiedlichsten Fahrzeugen, das diese Insel so wunderbar bunt erscheinen lässt.  Nirgend wo sonst habe ich je so viele Pferdefuhrwerke, –karren und

 

–kutschen  gesehen wie auf Kubas Straßen. Aber nicht nur dass, auch noch viele Ochsenfuhrwerke dienen den Menschen als Beförderungsmittel. Daneben begegnen uns wirklich überall, also in der Stadt genauso wie  auf der Autobahn, Fahrradrikschas in allen möglichen und unmöglichen Ausführungen.  Und die Zahl der alten US-Straßenkreuzer ist wesentlich größer, als ich dies erwartet hätte. Das Auge wird also nicht müde zu staunen.  So ist die vage Vorstellung die ich von dieser Insel  hatte nun durch  reale Bilder ersetzt worden, ein fast leeres Reisezimmer hat sich gefüllt, ist lebendig geworden und hat mich jeden Tag auf`s Neue erfreut.  Daneben ist das Land insgesamt eher ruhig. Ja, gelassen sowieso, dafür sorgt schon der entspannte Gleichmut der Kubaner – „tranquilo“ lautet ihr Credo. 

 

Die typischen Versuche, den leichtgläubigen Touristen über`s Ohr zu hauen, haben sich eigentlich in Grenzen gehalten, waren für mich noch akzeptabel. Ich habe mich stets sicher gefühlt, ja immer unterstützt, wenn wir Hilfe brauchten. Das Land hat mir ein gutes Gefühl vermittelt. Ich weiß, dass es nicht leicht für die Menschen hier ist, doch ihr Optimismus wirkt positiv ansteckend, lässt einen an das Gute glauben. Wenn man genauer hinsieht, kann man die Armut natürlich nicht übersehen, und doch ist sie irgendwie anders als sonst oft. Es begegnen uns nur ganz wenige Bettler, nur wirklich wenige scheinen völlig durch das System zu fallen. Aber dennoch, niemand kann es in diesem Land ohne Schwarzarbeit, ohne ein wenig Betrügen schaffen. Wirklich akzeptabel verdienen nur jene im Tourismusgeschäft, ein Lehrer, ein Arzt und geschweige eine Hausangestellte, all jene schaffen es nur mit mehreren Jobs gleichzeitig. Man kann dieses System nicht verstehen, irgendwie scheint es aber zu funktionieren. Also zweifelsfrei besteht großer Änderungsbedarf, doch die nahe Zukunft wird ganz sicher nicht alles zum Guten verändern. Nein, sie wird nur die ohnedies schon besser Gestellten reicher machen.

 

Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was eine Invasion  ausländischer Großbetriebe für dieses Land bedeuten wird, möchte lieber daran glauben, dass sie sich ihre  sozialistischen Werte erhalten könnten – Viva la Revolution. Es wird so aber nicht funktionieren – leider -  tut es ja nirgendwo. Heute sind die heroischen Eroberer die Großkonzerne, gefräßig und ohne jegliche Sättigung. Und auch der überschäumende Tourismus tut der Insel  nicht gut. Dinge verteuern sich  zwangsläufig wenn die Nachfrage steigt, werden für den ärmeren Durchschnittsbewohner unerschwinglich. Es ist schon jetzt so, dass ein Taxifahrer mehr verdient als ein Lehrer. Die Preise sind überzogen und viele Touristen zahlen ohne Einwand, weil ja immer noch günstiger als zu Hause. Das vergiftet das Gefüge eines Landes.

 

Doch noch höre ich die Klänge des Son, sehe schwingende Hüften, kesse Kubanerinnen und fröhliche Gesichter.  Ich sehe in ihrer Improvisationskunst eine Gabe, spüre ihren unerschütterlichen Mut. Ich wünsche den Kubanern, dass sie es in Zukunft leichter haben mögen, wünsche ihnen dass die Geschwindigkeit der Veränderung sie nicht überrollt. Ich hoffe, dass die Fatamorgana eines glorreichen Kapitalismus ihnen den Blick für das Wesentliche nicht verstellen wird. Man muss Träume nähren um wenigstens einen Teil davon in die Realität retten zu können.

 

Ja, ich habe mich wirklich sehr wohl hier gefühlt und bin froh eben jetzt noch hier gewesen zu sein – die Veränderung kommt bestimmt rascher als man sich diese vorstellen möchte.