Ganz in den Osten

 

Nach ein paar erholsamen Tagen an der Playa Heradura machen wir wieder einen kurzen Abstecher zurück ins Landesinnere um Franz nach Holguin zu bringen. Nun sind wir also nur noch zu zweit und beginnen unsere letzte Reisewoche hier auf Kuba.

 

Ich habe das Gefühl, dass wir uns immer besser in dieses kubanische System einleben, mit jedem Tag wird es leichter und auch Christian sieht das so . Wir übernachten ja ausschließlich in Casa particulares und finden uns somit jeden Tag in einem „neuen Wohnzimmer“ wieder. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass die Hausfamilie um uns kreist oder vielmehr wir um sie und wir somit Teil dieses normalen alltäglichen kubanischen Familienlebens sind. Eben jetzt zum Beispiel sitzen wir in unserem Zimmer und draußen vor der Zimmertür geht es ziemlich rund. Die Familie scheint heute viel Besuch zu haben, der Fernseher läuft, daneben kocht  die Hausfrau  wohl auch schon für uns das Abendessen (es riecht schon nach Knoblauch)  und wenn wir mit einem Bier hinaus auf die Terrasse gehen, dann eben wieder mitten durch`s Wohnzimmer. Wir haben immer unser eigenes Badezimmer und nicht selten bewohnten wir den besseren und größeren Teil des Hauses und die Familie zog sich dafür in eine Ecke zurück. So aber können die Kubaner auch ganz gut davon leben. Wir haben immer den Eindruck, dass jene, die Zimmer vermieten, ansonsten keiner regelmäßigen Arbeit nachgehen müssen. So lassen wir uns also auch die restliche Zeit wieder weitervermitteln und werden auch im nächsten Ort bei einem Teil der Großfamilie landen.

 

Holguin gefällt mir als Stadt sehr gut und hier haben wir eigentlich das erste Mal das Gefühl, es würde auch ein bisschen mehr in den Geschäften geben, soll heißen, die Ladenregale sind nicht völlig leer. Man darf sich auch hier nicht vorstellen, dass man aus dem Vollen schöpfen würde, das gibt es nirgends auf Kuba. Aber das Warenangebot scheint uns hier abwechslungsreicher und größer. Vor den Scheiben der Läden reiht sich stets Person an Person und alle drücken sie ihre Nasen gegen das schmutzige Glas um zu erspähen was es wohl heute drinnen geben könnte. Wir glauben, dass unser Joschi Kirschner hier gelebt haben muss, bevor er seinen  legendären Ausspruch zum Thema Vorratshaltung postuliert hat. Und die Kubaner haben dies als Lebenscredo übernehmen müssen…. eben „rechtzeitig drauf zu schauen, dass man`s hat wenn man`s braucht“ … denn viel zu oft gibt es irgend etwas eben gerade nicht. Die Stadt selbst besticht wieder durch schöne Kolonialarchitektur und viele Plätze und Parks.

 

Wir fahren nun nochmal an die Nordküste nach Gibara. Ein verschlafenes Nest, das noch ganz  den Kubanern gehört und uns heimisches Leben nahe bringt. Wegen ihrer weiß getünchten Häuser nennt man den Ort  auch Villa Blanca. Vor der Revolution konnte der kleine Hafenort nur per Schiff erreicht werden, erst in den 50ern wurde eine Zubringerstraße errichtet, und so hat man immer noch das Gefühl die Zeit wäre hier irgendwie stehen geblieben.

 

Hier wird Christian auch bzgl. seiner Zigarren fündig. An vielen Orten werden uns Zigarren quasi über den Schwarzmarkt angeboten und nie kann man genau wissen  wie gut die Qualität ist. Auch diesmal ist es so, dass wir eben jemanden kennen gelernt haben, der jemanden kennt, der wieder Kontakt zu jemandem hat, der dann die „echten“ günstig beschaffen kann. Na dann … muss  es ja wohl stimmen. Wir schlagen zu. Hinter verschlossenen Türen wird dann Bares gegen Zigarrenschachteln getauscht und per Handschlag das Geschäft besiegelt. Es gibt auch wirklich nur zwei Dinge, die man von dieser Insel mit nach Hause nehmen kann – Zigarren und Rum, und so werden auch wir es handhaben! Wenngleich ich zugeben muss, dass ich mich schon sehr darauf freue wieder mal den obligaten Cuba libre gegen ein gutes Glas Rotwein zu Hause zu tauschen.

 

Nach Gibara erreichen wir den nun wirklich östlichsten Punkt unserer Reise – Baracoa. Die Stadt ist umgeben von Gebirgszügen und ganz in der Nähe ragt ihr Wahrzeichen  der Tafelberg El Yunque aus der Landschaft. Wir befinden uns in der niederschlagreichsten Gegend Kubas und so verwundert es nicht, dass wir uns gleich abseits der Stadt im immergrünen Regenwald wiederfinden. Die Fahrt dorthin gestaltete sich mit über 6 Stunden doch recht mühsam, vor allem da die letzten 50 km das bekanntermaßen schlechteste Straßenstück der Insel darstellen. Zwar im Reiseführer so beschrieben, hat die Realität an  Anzahl und Tiefe der Schlaglöcher unsere Vorstellung noch weit übertroffen. Gott sei Dank hat unser Emgrand das alles gut überstanden (und mittlerweile weiß auch ich, dass unser Auto so heißt und Christian nicht von einem alten Freund oder so spricht, wenn er den Namen nennt!). Der Strand hier lädt uns weniger zum Baden ein, wohl aber ein sehr lauschiger Platz an einer Flussmündung inmitten des Dschungels. Glasklares und tatsächlich warmes Süßwasser, angenehm warmer Wind, kein Sand in den Augen und kaum ein Mensch weit und breit. Ein angenehm entspannter Tag.