Weiter in den Süden

 

Ananuri und Upliziche

Auf der Heeresstraße wieder nach Süden machen wir an der Klosteranlage Ananuri am Zinvali Stausee halt. Direkt dort ist eine „Art Badeanstalt“. So hässlich, wie wir das hier auch finden, so machen dennoch Leute hier Urlaub. Stände mit Eis und Getränken, ein paar Imbissbuden und ein Jetski-Verleih an der schottrigen Liegefläche – das ist es. Nachdem die Fahrt runter vom Pass aufgrund der LKW-Staus aber wirklich mühsam war, beschließen wir, dennoch eine Nacht hier zu verbringen. Auch Ananuri begeistert uns nicht so wie erwartet, aber allemal gut genug für einen Zwischenstopp.

Die Fahrt über die Dörfer zeigt georgisches Leben. Häuserfront, an Häuserfront, dahinter vielleicht ein Hof oder eine Weide, ganz viel Landwirtschaft auf jeden Fall. Dann wieder Viehherden, die über die Steppenlandschaft ziehen, begleitet von riesigen Hunden. Die Fahrzeuge der Straße sind manchmal abenteuerlich. Uralte LKWs, so was Ähnliches wie motorbetriebene Handkarren auf drei Rädern, und dann auch wieder große moderne Autos – eine bunte Mischung tummelt sich auf diesen Straßen. Wir müssen auf jeden Fall ständig auf der Hut nach Löchern oder queren Buckeln sein, damit es uns nicht aus den Sitzen hebt.

Wir sind schon ziemlich tief im Tal und es wird immer heißer. Fest steht, wir brauchen für jeden Halt unbedingt Wasser!! Somit fällt die Entscheidung wieder für einen Standplatz am Fluss, am Fuße der Felsenstadt Upliziche. Erst später, nämlich nachdem wir uns im Fluss abgekühlt haben, hat Christian gemeint, das Gewässer hätte seiner Meinung nach gestunken und wäre im Grunde voll dreckig gewesen. Na fein! Die Strömung war so stark, dass ich viel zu sehr damit beschäftigt war, mich an dem Seil anzuhalten, das Christian an einem Baum befestigt hatte, als dass mir die Scheußlichkeit des Flusses überhaupt aufgefallen wäre. Was soll`s – keiner hat Pusteln oder die Krätze abbekommen. Also wird es wohl gar nicht so schlimm gewesen sein.

Upliziche hat keinerlei religiöse Bedeutung, die Menschen haben sich hier lediglich vor fremden Besatzern versteckt und gegen sie verteidigt. Am späten Nachmittag, als es etwas kühler geworden ist, erkunden wir die alten Sandsteinbauten. Ich genieße diese Zeit im warmen Licht der Nachmittagssonne sehr und der Blick über das Tal ist herrlich. Wieder eine Gelegenheit, die Seele baumeln zu lassen und all den Gedanken nachzuspüren, die sich Platz verschaffen.

 

Aufgrund der fast tropischen Temperaturen – es hat 36 Grad und die Luftfeuchtigkeit ist hoch – ändern wir unser Programm und fahren schneller in die Berge zurück, als ursprünglich geplant. Wir lassen Kutaisi vorerst liegen und machen 10 km nördlich einen kurzen Halt in Zhkaltubo, einer durch ihr radonhältiges Heilwasser bekannten Bäderstadt, die ihre besten Tage allerdings bereits hinter sich hat. Es könnte hier mal richtig schön gewesen sein. Heute allerdings empfängt einen morbider russischer Charme. Die alten Sanatorien sind teils total verfallen, teils aber sind die Gebäude sogar bewohnt. Man versucht der alten Stadt wieder Leben einzuhauchen und so sind einige Badehäuser wieder in Betrieb. Um zu glänzen braucht es aber noch etwas mehr des Anstrichs, wofür ganz offensichtlich jedoch das Geld fehlt. Wir aber nehmen wieder lieber ein Bad im Fluss – weil wir das halt schon so gewohnt sind J - hoffen auf sauberes Wasser und werden einiger Kilometer weiter nördlich fündig. Ein schöner Standplatz und klares, sauberes, wenn auch eiskaltes Wasser erwarten uns. Tagsüber kommen recht viele Einheimische hierher, auch sie brauchen Abkühlung von der Hitze. Die Willkommenskultur hier im Land ist anders als in der Türkei, das ganz bestimmt. Aber durchaus freundlich, halt nicht so vordergründig überschwänglich, vielleicht einfach nur distanzierter. So werden wir aber auch diesmal wieder zu Gegrilltem eingeladen und dürfen mit gutem Gefühl mitten unter ihnen weilen. Gegen Abend wird es allerdings bei den Georgiern immer fröhlicher und v.a. feuchter. Einer von ihnen „schnappt“ sich Christian, stülpt einen Schwall georgischer Worte über ihn, und drückt ihm dabei seine vom Alkohol schweißige Wange ans Gesicht. Christian, wenig erfreut darüber, versucht diesem Überschwang zu entkommen, was die Freude des Georgiers fast in Zorn kippen lässt. Na ja, irgendwann nehmen ihn dann die eigenen Leute an die Brust, helfen ihm sein Auto, das er selbst zu fahren versucht, auszuparken und weg sind bald alle. Wir haben demnach eine gottseidank ruhige Nacht.