Die Wüste - Überraschung und Erfahrung inklusiv

Wir schreiben das Jahr 2015, exakte Sternzeit 18.November, die Ereignisse auf dem Planeten scheinen sich zu überstürzen, die Zeichen stehen womöglich nicht gut (auch wir empfangen hier immer wieder aktuelle News)…. und dennoch, hier herrscht absolute Stille – wir sind in der Wüste angekommen.

Davor durchquerten wir das Tafilalet südlich von Erfoud, das einst wichtigste Karawanen- und Handelszentrum Marokkos. Von hier zogen die Karawanen nach Timbuktu und Schwarzafrika und brachten auf ihrem Rückweg Sklaven und Gold mit. In diesem Gebiet kämpfen Menschen, Tiere und Pflanzen tagtäglich einen ungleichen Kampf gegen den Sand. Dieses größte zusammenhängende Oasengebiet Marokkos trotzt jedoch beständig dem Wüstensturm um sein Kulturland zu erhalten und die Oasen vor den wandernden Sandwogen zu bewahren. Uns bietet sich das letzte Grün, bevor wir ganz im Sandmeer verschwinden. Bis zu 200 m hoch türmen sich die Sandmassen des Erg Chebbi. Gold schimmernde Dünen heben sich gegen die schwarze Steinwüste ab und über uns ein noch immer kitschig blauer Himmel. Wir scheinen auf dieser Reise wirklich Glück mit dem Wetter zu haben. An der Westseite des Erg Chebbi hat der Wüstentourismus zweifelsohne seine Spuren hinterlassen, doch wir fahren ganz an den Nordzipfel bzw. auch auf die Ostseite dieser Wüste und sind eigentlich ganz alleine. Zwei Auberges auch hier, doch keine Touristen.  Unser erster Versuch, weiter in das Sandmeer vorzudringen, hat uns unsere Grenzen ganz schnell aufgezeigt bzw. wollten wir diese auch einmal austesten. Trotz drastisch verringertem Reifendruck graben wir uns gleich mal 30 cm in den jetzt zur Mittagszeit warmen Sand ein. Nein, das wollen wir gar nicht erst ausreizen! Wir haben zwar Sandbleche als letztes „back-up“ gut auf unserm Auto montiert, aber Nein…. wir lassen sie lieber dort wo sie sind, ein Blech wollen wir maximal zum Kuchenbacken verwenden!  Also rollen wir wieder zurück von der Düne und finden etwas weiter in der Ebene einen idealen Standplatz mit grandiosen Ausblicken. Zu Fuß wandern wir dann die Dünenkämme entlang, um den Sonnenuntergang von oben genießen zu können.

Einziger Besucher an unserem Haus sind Höckertiere und  Mubarak, ein Wüstenbewohner, der auf der Suche nach einem Job als Führer ist. Aber er nimmt es uns nicht übel, dass wir seine Dienste nicht beanspruchen, ganz im Gegenteil, er kommt am nächsten Tag (wie vereinbart) wieder und lädt uns in sein Haus im nahe gelegenen Dorf zum Tee ein. Er spricht gar nicht mal schlecht Englisch und wir erfahren ein bisschen über das Leben in der Wüste. Darüber, dass die Kinder genügend Kugelschreiber haben (obwohl sie immer danach fragen), und eigentlich Kleider und Schuhe brauchen würden und auch darüber, dass in regenreichen Wintern sich vor den Dünenkämmen ein riesiger See auftut. Strom haben sie seit 3 Monaten. Wir umkreisen den Erg Chebbi noch ansatzweise über die Ostroute und dann auch nochmal am Westrand entlang. Die langen Offroad-Strecken, die wir auch als GPS-Daten in unser Navi geladen haben, geben wir bald auf. Zum Einen, weil es einfach unglaublich mühsam ist, sich mit allen Sperren im Schneckentempo von einer Querrille zur nächsten zu hanteln und zum Anderen, weil man das Schöne dieser Wüste durchaus auch von einer akzeptablen Schotterpiste aus erkunden kann. Eine Durchquerung, die dann wieder Spannung birgt würden wir sicher irgendwann machen, aber dann nicht alleine…..

Ja und dann die schöne Überraschung in dieser Wüste: In Merzuga, wirklich im nowhere überholen uns 2 Motorräder, ein deutsches und ein Schweizer Kennzeichen. Wir bleiben stehen, der „Schweizer“ kommt uns mit  strahlendem Gesicht entgegen. Ich denke mir zuerst noch, der hat wohl unser österreichisches Nummernschild gesehen und freut sich über „fast“ Landsleute. Doch dann „Elke, bist du`s – das gibt´doch nicht ??“ Ich kann`s gar nicht glauben, Hannes ein Freund aus Graz aus fast schon „alten Tagen“ ist mit seinem Motorrad hier unterwegs. Die beiden Verrückten waren grad mal „auf einen Kaffee“ wie sie es nannten in Dakar im Senegal!  Also mal 12000km in 24 Tagen !!!!  Wir finden einen gemeinsamen Nächtigungsplatz am Rande der Wüste, wir im Styros, die beiden im Zelt und verbringen einen wirklich schönen Abend mit ein , zwei Bier.  So klein die Welt doch manchmal wird.

Am nächsten Tag dann die weniger erfreuliche Überraschung dieses Wüstenaufenthaltes. Wir wollen grad wieder raus auf die normale Piste und plötzlich macht es einen ohrenbetäubenden Kracher und die Karre steht. Christian und ich schauen uns nur ungläubig an, völlig ohne Plan, was da grad passiert sein kann. Untersetzungsgetriebe vorgeschaltet und eine Sperre – nichts – wir bewegen uns nicht mehr. Ich öffne meine Tür und schaue nach rückwärts und ganz plötzlich wird alles klar: Unsere Hinterräder sind gut einen halben Meter tief in einen Wasserkanal unter dem Sand  eingebrochen. Ein echter Schock. Motor aus und mal die Misere betrachten. Leider haben wir den Kanal im rechten Winkel erwischt und sind somit mit dem gesamten Gewicht der Hinterachse draufgefahren. Die für unser Gewicht viel zu filigranen Steinplatten mit dem Bisschen Sand drüber sind wie Bierdeckel zerborsten und die Spitze einer Steinplatte hat sich senkrecht nach oben in unsere seitliche Staubox gebohrt und das Hinterachsdifferential sitzt auf.  Ein nach vorne fahren ganz unmöglich – auch zurück geht nichts mehr. Zuerst mal alles lose Steinzeug unter dem Auto rausholen, das Auto sinkt nochmal um ein paar cm nach unten. Ich hab mich furchtbar erschrocken da ja Christian ganz daneben war aber das war so geplant wie er gemeint hat. Die Berber des benachbarten Dorfes versammelten sich Mann um Mann um uns und betrachteten das Schlamassel. „No problem“ war ihr Resumè, ( für den Kanal )  wir müssten nur rauskommen und die Reparatur ihres Schachtes bezahlen. Ja, eh klar für uns. Aber 13 Tonnen schonend in eine Richtung zu bewegen ist halt nicht so ohne. Nach einigem graben, unterfüllen und Einsatz aller Sperren sind wir mal aus dem Graben  heraus. Letztlich hat Christian diesen Schacht wieder mit Steinen versucht zu überbrücken und dann ist er mit Schwung zurückgefahren, da wir ja vorne etwas  weniger Gewicht haben. Hoffentlich klappt`s – das wäre ganz nett. Es hat geklappt! Wir hatten wirklich Glück im Unglück. Bezahlten – wahrscheinlich viel zu viel – 150,-- Euro und waren einfach nur froh mit kleinem Schaden am Auto wieder draußen zu sein. Letztlich ists nur eine Staubox, Achsen, Getriebe und Antriebswellen haben nichts abbekommen. Seither sind diffuse Buckel in der Landschaft ein rotes Tuch für uns – wir werden noch vorsichtiger und auf alles gefasst sein.