Über die Hochebenen des mittleren und hohen Atlas

Wir haben keinen ganz konkreten Reiseplan ausgearbeitet, lassen uns auch ein wenig treiben, müssen ja auch erst Erfahrung darin sammeln, wie rasch wir mit unserem Styros weiterkommen und wie wir den Straßenzustand entsprechend der Karte einstufen müssen . Klar ist, wir wollen nun weiter gen Süden. Über die Hochebenen des Mittleren und hohen Atlas  geht es also weiter und sehr bald wird uns klar, dass wir uns eine grandiose Route ausgesucht haben. Unser nächster Nächtigungsplatz liegt an einem wunderschönen Kratersee und lässt mich an die Mongolei denken – so ähnlich muss es wohl auch dort aussehen. Die Landschaft ist karg, die Luft ist klar, wir befinden uns bald wieder auf über 2200 m Seehöhe. Unsere Fahrt führt uns durch ein großes Zedernwaldgebiet, vorbei auch am Affenwald – nein! ich will sie nicht -  durch ein kleines Schigebiet, und immer wieder herbstlich goldgelbe Pappelwälder.

Die Orientierung entlang der Hauptroute ist einfach, die Beschilderung ziemlich eindeutig, und ansonsten helfen uns die zuvorkommenden Marokkaner, die Karte und Navigationssoftware. Wir bemerken auch sehr bald, dass wir mit unserem Auto keine wirkliche Besonderheit darstellen. Die Bevölkerung ist an Gefährte dieser Art gewohnt. Nur ab und an begegnet uns ein nach oben zeigender Daumen, dessen Besitzer unseren Styros offensichtlich cool findet. Dieser lockere Umgang macht das Reisen wirklich sehr angenehm, schließlich möchte man ja nicht immer und überall auffallen und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen.

Wir haben unsere Uhr um eine Stunde nach vorne gedreht, das heißt, wir stehen eine Stunde vor Ortszeit auf und haben somit mehr vom Tageslicht und verziehen uns mit dem Dunkelwerden in unser Haus. Und es wird so um 18.00 Ortszeit finster. Das Zurückziehen hat sich auch als sehr vorteilhaft erwiesen. Wir ziehen einfach alle Rollos runter, von draußen sieht dann niemand mehr  was drinnen geschieht und wir fühlen uns sehr sicher und auch unbeobachtet.

 

Wir haben wirklich Glück mit dem Wetter – es hat vor kurzer Zeit recht viel geregnet, die Natur hat sich nochmals aufgebäumt und ein letztes Grün vor dem Winter hervorgebracht. Und inmitten dieser Kollage aus Grün und Brauntönen erstrahlen die in der Sonne leuchtenden goldgelben Pappeln förmlich. Ein ganz herrlicher Anblick!

Auf unserer Reise weiter nach Süden gelangen wir zu den nordöstlichen Ausläufern des Hohen Atlas. Wieder bestimmt mehr der Zufall, dass wir genau diese Route wählen – und wir sind mehr als zufrieden mit unserer Wahl. Es zeigt sich, dass Marokko genügend Wasser hat und die Natur es allerorts dankt. Die Landschaft wird jetzt allerdings noch etwas karger. Je weiter wir nach oben kommen- es sind mittlerweile 2600 Meter, desto mehr verlassen uns die herrlichen Pappeln und machen eher vereinzelten Zedern Platz. Die Berghänge sind aufgefaltet und das Spiel von Licht und Schatten zeigt sich von seiner magischen Seite.

Irgendwann gelangen wir durch den kleinen Ort Tounfite – wir sind nun im ganz ländlichen Marokko angekommen, Touristen sieht dieser Ort sicher nur ganz selten. Dementsprechend neugierige Augenpaare ziehen wir auch auf uns. Aber nie unangenehm, die Menschen sind offen, winken uns zu und jeder hat ein freundliches bonjour auf den Lippen. Die Straße führt inmitten durch`s  Dorf und unsere „Fahrrinne“ wird immer schmaler, es ist Markttag und die Verkaufsstände scheinen uns zu umschließen, Eselfuhrwerke,  Autos und Menschen teilen sich mit uns den Platz und die Durchgangsstraße.  Wären wir nicht so hoch oben, könnte ich dem Dattelverkäufer etwas stibietzen. So aber parken wir Styros am Ortsausgang und spazieren nochmals zu Fuß durch die Straßen. Wieder sind wir sehr angetan von der Freundlichkeit der Marokkaner. Auch das Fotografieren gestaltet sich bis jetzt für Christian sehr positiv. Wir fragen est-ce que je fait une foto? Und eigentlich ist die Antwort immer ein Oui. Manche fragen sogar danach, und immer versuchen sie ein paar Worte mit uns zu plaudern. Dann bin ich wieder gefragt …. und mein Französisch ist leider noch nicht wirklich besser geworden. Auf jeden Fall haben wir wirklich Spaß daran, so in dieses Land einzutauchen.

Unsere darauffolgende Nacht verbringen wir am Ortsausgang eines kleinen Dorfes im Hohen Atlas. Dort sind wir nun wirklich eine Attraktion und die Kinder wollen gar nicht mehr von uns lassen. Natürlich hätten sie gerne etwas, einen Stylo oder bonbons. Unsere Schatztruhe könnte aber gar nie voll genug sein um dem Ansturm der Kinder gewachsen zu sein. Somit verteilen wir lediglich eine Runde stylos und Luftballons und dann ist`s Schluss damit. Der Dorfwirt lädt uns zu einer Tasse Tee mit Gebäck ein – Bezahlung dafür lehnt er strikt ab. Abends „verstecken“ wir uns dann im Styros, die Kinder hatten ihren Spaß und wir nun wieder unsere Ruhe. (Erst am Morgen sehen wir dass sie doch an den Begrenzungslichtern und der Rückfahrkamera gedreht haben – mit ein paar Handgriffen aber ist alles wiederhergestellt )

Am nächsten Tag geht’s richtig in den Hohen Atlas – z.T. sind wir über 3.000m Höhe. Die Luft ist klar und tagsüber entfacht die Sonne ihre Wärme – es könnte nicht besser sein. Wir sind immer wieder erstaunt, wie viel Grün die Natur noch hinterlassen hat. Obwohl der Winter ja schon vor der Tür steht, sind immer noch einige Felder bewirtschaftet. Die Bevölkerung in dieser Region ist sehr arm. Die Menschen leben von der Landwirtschaft und wohnen in niedrigen einfachsten Lehm-Ziegelbauten. In jedem Dorf läuft uns eine Schar Kinder hinterher und fragt um Schuhe, Kleidung … und Bonbons natürlich. Aber wer kann es ihnen verdenken. In einem Dorf machen wir halt und spazieren hindurch. Eine junge Frau, Mutter von ich weiß nicht genau 4-6 Kindern lädt uns zu süßem Minztee, Brot und gesalzener Butter in ihr Haus ein. So sitzen wir also in ihrer ärmlichen Wohnstatt, um uns barfüßige Kinder, alle mit rinnender Nase, wie wir es aus allen ärmlichen Regionen kennen, und sind berührt ob der Gastfreundschaft. Hier hilft auch mein gebrochenes Französisch nicht mehr, hier müssten wir der Berberdialekte mächtig sein. Wie gesagt, wir sind im tiefsten Marokko angelangt. Wir bedanken uns mit ein paar Dirham die erst  nach unserem beharrlichen insistieren und unter Bezug auf die Bedürfnisse der Kinder angenommen werden und fahren weiter…. Nach Imilchil an den Lac de Isir.