Morgenstimmung auf Bali

Immer wenn man Orte besucht an denen man schon einmal gewesen ist, fragt man sich, was sich wohl alles verändert haben mag, ist der schöne Strand jetzt verbaut,  der Blick auf den Berg verstellt – überhaupt – hat der sich immer weiter ausbreitende Tourismus wieder eine Bresche mehr in die damals noch ursprüngliche Landschaft geschlagen? Diese Frage habe ich mir – wieder einmal – gestellt bevor wir auf Bali gelandet sind. Schon der Blick aus dem Flugzeug verheißt nichts Gutes. Stahlbetongerippe ragen in den Himmel, Betonträger riesiger Autostraßen werden schon bald vierspurige Autobahnen stützen, auf denen der Verkehr dann – vielleicht ungehinderter – dahin brausen kann.  Davon kann derzeit nämlich keine Rede sein. Kuta und Denpasar sind ein Moloch, der Verkehr brandet 24 Stunden ohne Unterbrechung und für die kurze Strecke vom Flughafen kann man schon einmal 2 Stunden brauchen. Ebenso gibt es das Ubud, das ich vor nunmehr 12 Jahren, und auch noch beim zweiten Besuch vor 7 Jahren, kennengelernt haben, nicht mehr. Einem zweiten Kuta ähnlich versucht ein Einbahnsystem den unbändigen Verkehr erfolglos in Schranken zu lenken, der Ort explodiert förmlich und ist ein Konglomerat aus Kneipen, Souvenierläden, Homestays , Guest houses  und 1000en von Touristen.  Und trotzdem – das richtige – das ursprüngliche Bali – das gibt es trotzdem noch.

Es war klar, dass wir Zentren wie Kuta , Ubud etc. meiden werden und max. als Ausgangspunkt und für logistisch notwendige Besorgungen streifen. Sobald man den Touristenmainstream verlässt, sich antizyklisch bewegt und bereit ist Orte aufzusuchen die nicht 100 % ig in der Komfortzone des Allgemeintouristen liegen – dann – ja dann kann man noch das richtige Bali entdecken.

 

Und so mache ich mich, wie schon öfter, vor Sonnenaufgang auf um eben dieses Bali zu erleben. Bald schon beginnt es zu dämmern und die aufgehende Sonne beleuchtet die Spitzen der Wolkentürme in einem zarten Rosa , Orange und Rot. Etwas später fallen die Strahlen der nun schon etwas höher stehenden Sonne durch das Geäst der Bäume, zwischen denen der Morgennebel vom nächtlichen Regen aufsteigt. Es ist ein mystischer Anblick wenn die Baumstämme in dieser Morgenstimmung ihren eigenen Schatten in den Nebel werfen. Auch die Spitzen der jungen Reispflanzen leuchten schon bald in ihrem satten Grün und die Wassertropfen daran funkeln wie Diamanten. Kaum ein Laut ist zu hören außer dem Zwitschern der Vögel und den erwachenden Grillen. Tempel liegen verwaist in tiefen Tälern inmitten von Reisfeldern und ich habe das Gefühl, dass sie nur mir gehören – ich bin ganz alleine ……zumindest eine Zeit lang . 

Denn dann kommt eine Frau  und bringt frühmorgens schon Opfergaben und zündet Räucherstäbchen an.  Auch ein Pilger kommt etwas später um sich an den heiligen Quellen des Tempels zu waschen. Ansonsten aber herrscht Ruhe und es ist ein wohltuendes Gefühl, diese Szenerie in sich aufzunehmen. Fernab des Tourismus bzw. zu Zeiten zu denen diese noch schlafen oder bestenfalls beim Frühstück sitzen, sieht man die Reisbauern zur Arbeit kommen, sieht den alten Mann wie er seine Enten am Feld zusammentreibt, wie Kinder zur Schule gehen und Frauen am Markt das Nötige für den Tag besorgen.

 

Die Balinesen leben ihr „richtiges„ Leben abseits vom Tourismus.  Auch wenn es in vielen größeren Hotel allabendliche traditionelle Tanzvorführungen gibt, so leben die Balinesen ihre Tradition in Hinterhöfen, abseits des Mainstreams, z.T auch in der Nacht – man muss nur bereit sein dieses Bali zu suchen , seine Komfortzone wieder einmal zu verlassen, früh aufzustehen, zu suchen – dann wird man auch fündig werden.  So erleben wir auch weitab jeder Touristenroute ein Tempelfest der besonderen Art. Opfergaben werden von einem Bergtempel viele Kilometer zum Meer getragen, dort dann gesegnet, um dann wiederum denselben Weg zurück ins hochgelegene Dorf gebracht zu werden. Wir erleben diese Zeremonie über mehrere Stunden als einzige Ausländer und dürfen uns ganz unbefangen inmitten der Gläubigen bewegen – eine besondere Ehre und ein  besonderes Erlebnis.

 

Es gibt es also noch – das richtige Bali.  Der Tourismus hat sich unglaublich ausgebreitet, trotzdem haben es die Balinesen geschafft, diesen Spagat zwischen Kommerz und Tradition zu bewerkstelligen – Gott oder Shiva sei Dank. Und wenn man dafür bereit ist und sich aufmacht, ja , dann kann man auch heute noch daran teilhaben .