Wo die Götter wohnen

Die 3,5 Mio. Hindus des Landes leben vorwiegend auf Bali, und so haben auch ihre Götter hier unzählige Wohnstätten – die Vulkane und Tempel. Anders als in Indien ist der Hinduismus hier deutlich weniger vom Kastensystem geprägt und es gibt auch keine Kastenlosen, keine Unberührbaren. Uns erscheint hier alles fast irgendwie liebenswert verspielt, wie sie ihre Religion ausleben. Man hat allerorts das Gefühl, sie verwenden einen Großteil ihrer Zeit dafür, ihren Göttern Opfer darzubringen oder sich auf große Zeremonien und Tempelfeste vorzubereiten. Fast jedes Haus hat seinen eigenen kleinen Tempel, größere Häuser sind gewissermaßen umrahmt von  Templemauern, innerhalb derer sich dann die Häuser einer Großfamilie befinden. So ist es an der Tagesordnung, dass die ohnedies schmalen und schlechten Straßen auf Bali zusätzlich noch verstopft sind  durch Pilgerströme. Schön, in Sarongs gekleidet, die Frauen mit riesigen Opferkörben am Kopf, marschieren die Gläubigen aus ihren Dörfern in die Tempel. Das sind oft keine besonderen Zeremonien, das ist Teil ihres alltäglichen Lebens.

 

Und daneben gibt es noch unzählige richtig große Tempelfeste, die eine tagelange Vorbereitung benötigen. Wir konnten dies nur erahnen, als wir den Pura Ulun Danu Batur besuchten. Viele Schulklassen, zu erkennen an ihrer jeweils einheitlichen Schultracht, verbringen den ganzen Tag innerhalb der Anlage, um zu putzen, Dekorationen aus Bambus zu basteln, Figuren neu zu streichen ….. und dasselbe machen auch ganze Abordnungen aus den umliegenden Dörfern, die tageweise ihre Arbeitsleistung  hier zur Verfügung stellen. Jeden Tag ist ein anderes Dorf dran, lässt seine Opferkörbe weihen und bastelt oder kocht für das große Ereignis vor.  Ein bisschen wie ein riesiger „Bastel- und Kochworkshop“ ….. zu Ehren der Götter. Natürlich ist uns bewusst, dass uralte religiöse Riten und Traditionen dahinterstecken. Doch zugegeben,  manche Situationen lassen wir auch mal oberflächlich auf uns wirken, es bleibt ein Blick durch ein Fenster in eine fremde Welt.

 

Der Tempel liegt hoch oben im kühlen, oft von Wolken verhangenen Kintamani, direkt am Kraterrand des Batur Massives, mit Blick auf die Vulkane Gunung Batur, Gunung Abang und Gunung Agung. Die riesige Caldera des Batur-Massivs ist atemberaubend. Heute ist fast die gesamte Landschaft wieder bewaldet.  Wenn man sich aber vorstellt, welch gewaltiger Ausbruch ursprünglich diesen 14 km im Durchmesser riesigen Krater hat entstehen lassen, in dessen Mitte dann ein weiterer Vulkan emporgewachsen ist, erschaudert man. Die Hänge rundum sind wie von dunklen Streifen durchzogen, so schmiegen sich die erkalteten Lavaströme in die Landschaft. Mittlerweile haben sich inmitten dieser Kraterlandschaft auch Dörfer angesiedelt, in dieser einst so lebensbedrohlichen Gegend.

 

Auch wir wohnen direkt am See, tief unten im Krater. Früh morgens fahren wir dann mit dem Auto hinauf an den Kraterrand nach Kintamani und erleben beeindruckend schöne Stimmungen, wenn sich die Sonne auch immer etwas bedeckt hält. Riesige Wolkenberge türmen sich auf, beleuchtet von der aufsteigenden Sonne. Wie eine breiige Masse kriecht eine Wolkenwalze die Abhänge hinauf, verändert mit der immer wärmer werdenden Luft stetig ihre Form, zarte horizontale Wolkenschleier, in rosarotes Licht getaucht, schweben anmutig vor der Kulisse der drei Vulkane. Bilder, die hängen bleiben, wie ein Landschaftsbild, das man selbst gemalt hat, so einprägend. Eigentlich schöner und vor allem viel weniger schweißtreibend als uns dies bei unserer Besteigung des Vulkans Gunung Batur am Vortag beschert war. Tja, wir wussten es eben nicht besser – so nennen wir es halt sportlichen Ehrgeiz.

 

Und dann gibt es eben noch die ganz großen Tempelanlagen. Auf 950 m Höhe am Fuße des heiligen Berges Gunung Agung (3.142 m)  liegt der größte, älteste und heiligste Tempel der Insel, der Pura Besakih, als „Muttertempel“ verehrt. Jedes ehemalige Königshaus, jeder Familienclan und jede Berufsgruppe ist hier mit einem eigenen Tempel vertreten.  Im Laufe der Jahrhunderte ist die Anlage immer wieder aufgebaut und erweitert worden. Heutzutage umfasst der spektakulär gelegene Tempelkomplex über 200 Gebäude. Wir brechen von unserem Standort ca. 1 Std. entfernt schon recht früh auf und sind dann wirklich die ersten Touristen am Tempel, er gehört uns alleine!  Nur Hindus dürfen das Innere und damit Allerheiligste der Tempelanlage betreten, aber heute Morgen sind viele Tore geöffnet - wir sehen dies als Einladung und niemand stößt sich daran. Das Wetter ist schön und wir genießen die Ruhe an diesem Ort.

 

Nach  „getaner Arbeit“ geht es wieder zurück in unser wunderschönes Quartier in Sidemen. Wir haben beschlossen, es uns in diesen letzten Tagen an nichts fehlen zu lassen und machen es daher den Göttern gleich und suchen uns nur die schönsten Plätze zum Verweilen. Wir sind die einzigen in dieser kleinen Anlage, bewohnen den ersten Stock mit Blick über die Reis- und Gemüsefelder der Umgebung, der Pool ist unser Privatvergnügen und die 2-4 Angestellten (man weiß es nicht so genau)  sorgen sich um unser Wohl. Vielleicht zum ersten Mal auf dieser Reise (abgesehen von unserem Inselaufenthalt) gehen wir es hier richtig gemütlich an. Die Landschaft ist malerisch, für mich die „balinesischte“ Ecke, jeden Tag ein kurzes, nicht so aufwendiges Fotoshooting, daneben relaxen in unserem schönen Interims-Zuhause.