It´s tea time

 

Es geht ins Hochland – und natürlich by train. Die alte Eisenbahnlinie der Briten darf man sich nicht entgehen lassen. Wir fahren 2. Klasse, sehr bequem, da die Sitze diesmal nur zu 20 % ausgelastet sind. Doch die bange Frage bleibt, ob die Waggons wohl nicht aus den alten Schienen hüpfen, es poltert und rumpelt nämlich ganz gewaltig. Aber die Briten haben solide gebaut. An den Verschiebebahnhöfen werden penibel genau die Token vom Bahnhofswärter an den Zugführer übergeben, das heißt also „Strecke frei“. Schließlich wollen wir auf den eingleisigen Schienenabschnitten nicht unverhofft auf Gegenverkehr stoßen. Manchmal schlängelt sich der Zug so um die Kurven, dass man vom Fenster aus Gras pflücken könnte. Christian ist diesmal nicht Drohnenpilot, nein, heute ist er Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen, also „very interested in everything“…..woraufhin er auch vorne in der alten Diesellock mit dem Zugführer mitfahren darf. Bei Fragen zu unseren heimischen Schienen- und Zugdetails muss er dann allerdings ganz schön „improvisieren“. Und so kommen wir nach 3 Stunden in Nuwara  Eliya,  der wohl britischten Stadt in ganz Sri Lanka, an. Nun ja, vom Charme des alten Empire ist nicht so wahnsinnig viel geblieben, aber Naherholungsziel für viele Einheimische ist es auf jeden Fall. Daher viel Kitsch und srilankische Urlaubsunterhaltung: Tretboote, Schwäne, müde, alte Pferde, die vielleicht noch müdere Touristen um den See führen, Kinderkarussell und Hupfburg, ausgetretene Spazierwege im ehrwürdigen Kings Park und natürlich eine große Anzahl Touristen.

 

Aber man kann sich gut vorstellen, weshalb es die hitzegequälten Engländer aus dem Tiefland hierher gezogen hat. Sobald die Sonne verschwunden ist, wird es richtig kühl. Nuwara Eliya wird auch die „Stadt in den Wolken“ genannt. Durchschnittstemperaturen ganzjährig 14-17 Grad, kann aber bis 9 Grad nach unten wandern. Da mussten sie sich ja wohl fühlen. Derzeit haben wir Regenhochsaison, haben aber  Glück und bleiben trocken. Unser Mopedausflug in die Umgebung ist der optimale Zugang, um in das Grün der Teeplantagen einzutauchen. Ein Genuss für das Auge.  Rasch wird aber auch sichtbar, dass abseits des Ortszentrums sehr (!) einfaches Leben die Normalität bestimmt. Trotzdem begegnen uns die Menschen sehr freundlich und allerorts sieht man Kricket spielende Jungs, die sich mit verschlissenen Holzschlägern die Zeit vertreiben.  Auf der untersten Stufe der Einkommensskala liegen wieder mal die Erntearbeiterinnen, die Teepflückerinnen, die mit ihren bunten Tragekörben durch die Plantagen ziehen, damit sie am Ende des Tages ihr Pensum von ca. 18 kg geerntet haben. Hier im Hochland ist die Zahl der unter der Armutsgrenze liegenden Haushalte am größten – und dies v.a. unter den Arbeiterinnen auf den Teeplantagen.  Die Armut sieht man Menschen oft zu allererst an ihren Zähnen an, so finde ich. Die sind dementsprechend schlecht, zudem noch rot verfärbt vom Betelnuss kauen. Man kann davon ausgehen, dass die Großgrundbesitzer, denen all die Teeplantagen hier gehören, um  den berühmten Ceylon-Tee weltweit vermarkten, ein weitaus angenehmeres Leben in London oder sonst wo führen.

 

Unseren letzten Spot im Hochland erreichen wir wieder per Zug, diesmal in der 3. Klasse, weil kein anderes Ticket zum gewünschten Zeitpunkt verfügbar war. Mir schwante schon Schlimmes, als die Zahl der Touristen am Bahnsteig immer größer wird. Welche Hummel einen da sticht, dass man die Strecke von Nuwara Eliya nach Ella ausgerechnet in der 3. Klasse absolvieren muss, nur weil der Reiseführer sagt, das sei ein Erlebnis….. ich weiß es nicht! Wie einem Wunder gleich ergattert Christian tatsächlich zwei Sitzplätze, in dem bereits schon halbvoll ankommenden  Zug, in den dann eine Hundertschaft Touristen drängt. Manche – zwei kleine Chinesinnen, werden durchs Fenster über unsere Füße hinweg in den Waggon geschoben, damit ihre Gruppe komplett bleibt. Sie nehmen es bekanntlich mit Humor. Der Zug wird immer voller, die Gänge ebenfalls proppenvoll,  da wird es einer französischen Touristin zu viel. Kurz vor dem Kollaps, wird sie bereits nach Luft schnappend von ihrem Mann durch eben dieses Fenster wieder quer über unsere Beine nach draußen befördert, ihr Mann hinterher. Na ja, können also wieder zwei weitere nachkommen. Das alles ist echt kein Scherz, ich hab noch nie einen so vollen Zug gesehen. Christian meint, der in Peru, von La Paz nach Cusco sei noch voller gewesen! Unvorstellbar. So holpern wir also wieder dahin und kommen nach 4 Stunden an unserem Ziel an. Wieder mal erfahrungsreich!

 

Ella platzt aus allen Nähten, so viele Touristen kommen an. Gästehäuser wachsen wie Schwammerln im Herbst aus dem Boden und es reiht sich ein Lokal an das andere, in dem ansonsten unspektakulären und staubigen Straßendorf. Die Umgebung ist wieder üppig grün. Ein Wasserfall – nun ja, haben wir auch, ein paar Erhebungen wie den Adam`s Peak – mäßig spannend, würde ich sagen. Und eben die alte Eisenbahn, die sich in einem spannenden Looping ihren Weg über die Hügel bahnt. Letzteres ist wirklich sehenswert. Wie eine Spielzeugeisenbahn muten die altertümlichen Waggons an, wenn sie so um die grünen Hügel rattern. Hin und wieder verschwinden sie in dunklen Löchern unter den Hügeln durch, dann wieder über alte Eisenbahnbrücken oben drüber. Am nächsten Tag verfolgen wir die alte Dieselwalze überall dort, wo sie rund um den Ort Ella zum Vorschein kommt. Mit lautem Getöse kündigt sie sich jeweils an. Ja, das ist irgendwie ein Schauspiel – und lockt die unzähligen schaulustigen Touristen an. Wir haben es gut, uns am Ende des Tages in unser ruhiges  Guesthouse etwas erhöht vom Trubel der Hauptstraße zurückziehen zu können und reisen nach zwei Tagen wieder ab. Alles gesehen – ja doch, ganz nett.