Monsterparade

 

Eine Frage für die Millionenshow: wie oft feiert Indonesien das Neue Jahr? Die richtige Antwort wäre 4 Mal, gemäß maßgeblichen Volks- und Religionsgruppen. Der internationale Neujahrstag am 1.1. wird vergleichsweise bescheiden gefeiert. Der 19.Februar war heuer der Tag des Chinesischen Neujahrsfestes, im September feiert man das muslimische Neujahrsfest und jetzt am 6.März das Balinesische Neujahr. Und hier sind wir nun gerne Wiederholungstäter, weil es einfach ein echt cooles Fest ist!

 

Balinesen sind es ja gewohnt zu feiern. Die Zahl ihrer Feiertage und Feste übersteigt jene in den meisten anderen Ländern bei weitem. Aber ihr Neujahrsfest, ihr Ogoh-Ogoh, das zelebrieren sie wohl am meisten. Schon in den Tagen davor gibt es allerorts Vorbereitungen. Die riesigen Ogoh Ogohs werden in liebevoller Handarbeit gebastelt. Bei den bis zu vier Meter hohen Pappmachefiguren kennt die Fantasie keine Grenzen. Was es an Grauslichkeiten und Hässlichkeiten gibt… hier wird ihnen Gestalt verliehen! Schließlich symbolisieren Ogoh-Ogohs die bösen Geister des alten Jahres, die es zu vertreiben gilt. Dazu werden sie dann auf Bambusgestelle montiert und in einer feierlichen Prozession durch die Straßen geführt. Da gibt es die riesigen Ogoh-Ogohs, die von kräftigen Burschen getragen werden, aber auch die stöhnen z.T. ganz schön unter der Anstrengung. Und dann gibt es die kleineren, die werden von den Jüngsten getragen, geschüttelt und gedreht. Manche sind schon kurz vor dem Zusammenbruch, werden dann von den erwachsenen Begleitern „ausgetauscht“, immer auch mit Wasser versorgt und rundum gut behütet. Es ist auf jeden Fall ein Riesenspaß für alle. Und jene, die nicht aktiv beteiligt sind, stehen am Straßenrand und feuern sie mit an. Ein Fest für die Balinesen selbst – wir Touristen sind nur Zaungäste, die aber herzlich willkommen sind. Und wenn man auch nicht hingeht, überhören kann man sie auf keinen Fall. Alles was es an Lärm so aufzubieten gibt, wird mitgeführt. Gamelanmusik, Gongs, Tschinellen, Trommeln und lautes Geschrei. Einmal noch dürfen die Geister wach werden, präsentieren sich mit lautem Getöse, bevor sie ihrer Vollendung, dem Feuer übergeben werden. Bis dahin aber zieht der bunte Monsterzug durch die Straßen. In Permuteran, wo wir dem Spektakel beiwohnen, marschieren 20 furchterregende Ogoh-Ogohs auf und noch viele andere finstere Gestalten, die die Geister vertreiben sollen, Wesen in pelzigen Fratzen und anderen skurrilen Verkleidungen. Natürlich dürfen auch Prinz und Prinzessin nicht fehlen, samt höfischen Gespielinnen. Sie alle zeigen bei der Zeremonie in tänzerischer Aufführung, wie die bösen Geister besiegt werden. Und dann geht es weiter zum Verbrennungsplatz. Ja, für dieses Jahr ist es also vollbracht.

 

Und dann, am Tag darauf ist Neypi – Silent Day, und der Name ist heute absolut Programm. War es tags zuvor noch richtig laut, so ist es heute quasi totenstill. Die Szenerie gleicht einer Ausgangssperre, die Orte werden zu Geisterstätten. Wir dürfen unsere Hotelanlage nicht verlassen, abends keine Außenbeleuchtung, das letzte Essen gibt es um 17.00 Uhr, dann macht auch die Küche dicht. Die Straßen sind absolut leer, kein Mensch, kein Auto, nichts ist zu sehen. Sogar der Himmel bleibt stumm, denn Flugverkehr ist verboten. Es ist der Tag der Besinnung, jeder für sich und innerhalb der Familien. Es heißt also ganz leise sein. Nicht zuletzt auch deshalb, damit die Geister glauben, es sei niemand mehr da und sie somit auch keinen Grund haben, wieder zu kommen. Das neue Jahr kann gereinigt beginnen!