Südafrika gefühlt

Ich hadere ein bisschen mit meinen Formulierungen, weiß nicht recht, wie ich es auf den Punkt bringen soll. So facettenreich dieses Land ist, so schwanke ich auch immer wieder mit meiner Meinung über Südafrika. In erster Linie besticht SA mit seiner grandiosen Landschaft. Aus der beinahe trostlosen Weite der Steppe erhebt sich ganz unverhofft ein Gebirgszug, mal ein schroffer Tafelberg, mal eine zu Stein gewordene Formation eines königlichen Faltenwurfes, und dahinter weite Flächen fruchtbaren Ackerlandes. Die friedvolle Ruhe in den unzähligen Nationalparks mit ihrer grandiosen Tierwelt,  wechselt mit dem meist stürmischen Klima an den Küsten – zwei  Ozeane umspülen diesen Kontinent, weniger friedvoll, schon eher sehr rau. Man kann manchmal fühlen, dass der Wind aus der Antarktis kommt. Nichts für den „verwöhnten“ Badetourist,  Liebhaber thailändischer und kroatischer Traumstrände.

 

Auffallend hier auch die allerorts freundlichen und hilfsbereiten Menschen, ganz gleich ob sie Englisch, Zulu oder Afrikaans sprechen. Lediglich das deutlich erhöhte Aufgebot der Polizei lässt vermuten, dass nicht alle so freundlich sind – jedoch wirklich spüren konnten wir das nicht, zumal wir ja auch alle Vorsichtsregeln für das Reisen in Ländern mit erhöhtem Sicherheitsrisiko befolgt  und somit auch nichts provoziert haben . Ein großes Lob also auch an die Gastfreundlichkeit der Menschen dieses Landes.

 

Und doch hat mir etwas gefehlt.  So beeindruckend die Landschaft ist, so schmucklos erschienen mir die kleinen Ortschaften über Land. Natürlich, selten bleibt das, was man erlebt völlig losgelöst von all dem Gedachten davor. Was hab ich mir gedacht ? Mir erwartet ? Auf jeden Fall keine Straßendörfer im amerikanischen Stil mit Fast Food an jeder Ecke – so kamen sie mir alle vor. Die eine oder andere Fassade im kap-holländischen Stil war schon alles. Wahrlich nicht sehr  einladend. Schnell zog es uns wieder fort aufs Land und  in die Natur.

Zurück blieb allerdings der Wunsch nach etwas urbanem Flair, nach einer Architektur, die in Erinnerung bleibt, nach Plätzen, auf denen man sich niederlassen möchte. Empfinden von gewachsener Tradition gepaart mit Geschmack und dem Gefühl für „schöne Dinge“.   Das Gesellschaftsleben  der Armen aber auch der Mittelschicht scheint sich in den Namen der Shops an der Straße wiederzuspiegeln: Take away, Pick`n pay,Wendys,  Fast Food ….

Die andere Seite, die wirklich Reichen, leben ein Leben der Extraluxusklasse hinter hohen Mauern mit Elektrozaun. Und dies irritiert doppelt in Anbetracht der unzähligen Townships z.T. direkt angrenzend an die Nobelviertel.

 

Wie anders und wohltuend war doch da der Eindruck von Kapstadt! Die Umgebung ein Traum, die Architektur zwar ohne „wow-Effekt“, aber durchaus ansprechend. Viele Plätze und Ecken, die zum Verweilen einladen. Eine Stadt, die ich sehr gerne wiederbesuchen möchte! Vieles blieb hier noch unentdeckt.

 

Wohl ist dies auch das Ergebnis der schwierigen Vergangenheit dieses Landes. Ein gesellschaftliches Konglomerat, das seinen gemeinsamen Nenner noch nicht gefunden hat.  Der schwarzen Kultur wurden kein Platz gelassen und die eingewanderten Europäer zogen es vor Krieg zu führen oder Geschäfte zu machen.  Politisch und vor allem wirtschaftlich herrscht aber auch  unter der jetzt schwarzen Regierung eine sehr schwierige Situation – für die nur 10 % Weißen genauso wie für die schwarze Bevölkerung. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist nicht nur groß, sondern auch schmerzhaft sichtbar, z.T. deutlicher als ich dies von Asien kenne. Südafrika, ein Land im Aufbruch, seiner Wurzeln beraubt, drauf und dran vorhandene  Ressourcen zu vergeuden.

 

So bleibt Südafrika für mich ein landschaftliches Wunderwerk mit einem schier unbegrenzten Angebot an Freizeit- und Outdooraktivitäten, kann aber dennoch dem Scharm Asiens oder auch Mitteleuropas nicht ganz nachkommen. Hier zu leben oder auch nur ein Jahr zu verbringen wäre auch aus einem anderen Grund völlig undenkbar:  Es ist ein klimatisch wirklich raues Land. Hier konnte ich spüren, dass Süden nicht gleich Wärme heißt. Je südlicher auf der südlichen Halbkugel bedeutet nämlich immer arktischer!!!! Und dort wo sich Pinguine und Seelöwen pudelwohl fühlen, ist für mich auf Dauer bestimmt kein Platz.