Das ist wohl die beste Beschreibung des Epirus,  jener Region Nordgriechenlands, die bis weit ins Frühjahr hinein verschneite Gipfel zeigt. Das Pindus-Gebirge, jene mächtige Bergwelt drückt der Gegend ihren Stempel auf. Adler, Gänsegeier und Braunbären sind hier noch beheimatet und für Naturliebhaber ist diese Region ein wahres Paradies.

Wir umrunden den Presper-See im Norden, verlassen Mazedonien und reisen ins nun 7. Land unserer Balkanreise,  nach Griechenland  ein. Unser Ziel sind die Zigòria-Dörfer im Nordwesten und Meteora weiter im Osten. Nochmal sei erwähnt, dass all die Grenzübertritte überhaupt kein Problem darstellen, alles gestaltet sich einfach, rasch und komplikationslos. Kurz kommt so das Empfinden auf, wir würden schon zurück in die Heimat einreisen, in unsere EU nämlich. Irgendetwas hat sich von diesem bunten Staatenkonglomerat anscheinend doch in unseren Köpfen festgesetzt. Wie vermutet, werden die Straßen gleich ein wenig komfortabler, die Dörfer auch besser restauriert. Wie können es uns nicht verkneifen, darin „unser Geld“ zu vermuten – auch das ist schließlich die EU. Aber lassen wir die Politik beiseite, der Tag ist zu schön dafür. Mit dem Wetter haben wir nämlich auf dieser Reise wirklich großes Glück. Auf halber Strecke allerdings ein plötzliches Aus. Ohne Vorankündigung, oder vielleicht konnten wir das eine oder andere Schild auf zyrilisch auch nur nicht entziffern, sitzen wir quasi fest.  Zwei Gummibegrenzungsstipfel zeigen an, dass diese Straße nicht weiter passierbar ist. Ein Schafhirte macht Christian aber klar, das ginge schon, einfach drüber mit unserem LKW. Rasch allerdings wird klar, dass der Winter hier noch nicht so lange zurück liegt. Teile der Straße sind abgebrochen, Geröll liegt am Asphalt, umgestürzte Bäume … wir wissen nicht, was noch kommt und wählen wieder mal die sicherere Lösung – wir drehen um. Alles retour!

Schließlich erreichen wir Kastoria, wieder an einem See gelegen. Wir parken wieder 1. Reihe fußfrei, könnten auch durchwegs hier übernachten, gehen aber mit der Beschreibung in unserem Reiseführer nicht ganz konform und sind der Meinung, ein kurzer Stopp hier wäre ausreichend. Geschmäcker sind nun mal verschieden. Es ist schön für den späten Nachmittag und einem guten Nespresso mit Kuchen aber dann machen wir uns auf zur Weiterfahrt.  Es drängt uns ja nicht zu einem endgültigen Ziel für den Tag, wir schauen einfach mal, wie weit uns Styros bringt. Wir sind ja doch im gebirgigen Teil des Landes und wieder geht es Serpentinen rauf und runter, unentwegt. Die Fahrt in der untergehenden Sonne ist aber wunderschön, das Pindusgebirge mit seinen Pinienwäldern, durchbrochen nur von blühenden Akaziensträuchern und seinen grandiosen Ausblicken auf eine schroffe Bergwelt, begeistert uns sehr. Ziemlich an der höchsten Stelle unserer Route beschließen wir die Nacht zu verbringen. Das ist das Gute, wenn man Haus und Vorräte immer mit sich rumträgt. Unter uns tost der Fluss, ansonsten Stille überall. Auf der ganzen Fahrt begegneten uns sage und schreibe 2 (!) Autos, wir sind quasi alleine. Diesmal finden wir nicht einmal einen Schafhirten um zu fragen ob die Brücke nun 16 oder 50 Tonnen trägt . An der einen Flussseite steht einen Tafel mit 16 to , auf der Anderen mit 50 to. Ganz ehrlich – die Brücke sieht nicht einmal nach 16 to aus . Egal – wir müssen sowieso nicht hinüber .

Der nächste Tag bringt uns an unser Zwischenziel – die Zagòria-Dörfer, nördlich von Ioànina, tief eingebettet ins waldreiche Bergland von Èpirus. Durch ihre Abgeschiedenheit konnten diese 46 kleinen Dörfer ihre traditionellen Werte und ihre Architektur der Steinhäuser gut erhalten. Wir finden für Styros einen Standplatz hoch über Monodèndri, einem der Dörfer und erkunden den Rest per Motorrad – so sind wir rascher, wendiger und eindeutig flexibler.

Zagòria bedeutet soviel wie „hinter den Bergen“, und genau so mutet diese Gegend an, irgendwie stehengeblieben, nicht von dieser Welt – nicht mehr. Natürlich müssen sich die Bewohner dieser Dörfer heute dem Problem Landflucht und Armut stellen, aber der griechische Staat unterstützt den Erhalt und die Restaurierung mit großzügigen Fördermitteln (J!). Wie auch immer, die Gegend mit ihren unzähligen Steinbrücken und der grandiosen Vikos-Schlucht ist  bezaubernd / verzaubernd schön. Die Schlucht nimmt für sich in Anspruch, die tiefste der Welt zu sein, und ja, sie ist gewaltig und mag dieses Prädikat ruhig für sich behalten, wir sind auf jeden Fall begeistert ob der Mächtigkeit dieser steilen Flanken und Abgründe.

Die Steinbrücken aus dem 18. Jhd vermitteln ein vages Gefühl für das Wegenetz längst vergangener Tage – schwierig und zweifellos beschwerlich war der Transport von Waren von einem Ort zum nächsten. Das Land ist zerrissen von unzähligen Gräben, Schluchten und unüberwindbaren Steilhängen und jeder Meter Streckenführung musste der Gebirgswelt mühsam abgerungen werden. Noch  zerfurchter, noch faltiger als in unseren Alpen kommt es uns hier vor. Die Architektur dieser Brücken und die steingedeckten Häuser, die sich an die steilen Hänge schmiegen, ist einzigartig und lädt immer wieder zum Staunen ein. Die Historie nimmt einen hier vollends gefangen, Touristen gibt es zu dieser Jahreszeit noch kaum, auch hier sind wir wieder fast alleine und genießen unseren Greek-Coffèe am großen Platz unter der Platane, wie man sie in jedem Dorf findet.

So gut und bequem wir grundsätzlich auch vorankommen, so muss man dennoch gestehen, das Reisen mit Styros ist anstrengend und das stundenlange Rauf- und Runterschrauben entlang der nicht enden wollenden Straßen macht Fahrer und Beifahrerin müde. Und alles dauert ja auch wirklich lange, 100 km bekommen unter den gegebenen Bedingungen eine völlig andere Bedeutung, Relationen verschieben sich,  und so beschließen wir, Meteora und auch Lefkas für diese Reise zu streichen. Dafür möchten wir uns mehr Zeit nehmen, wir möchten nicht durch dieses wunderschöne Land hetzen. Somit hat unsere Reise ihren Zenit – zeitlich, wie auch geografisch – erreicht und wir treten die Heimreise an. Über die Albanische Riviera zurück Richtung Norden.