Gedanken an der albanischen Riviera 

 

 

 


Auf Lefkas haben wir ja verzichtet, aber ein bisschen Strandurlaub wollten wir schon auch genießen. Somit sind wir nun zum 2. Mal in  Albanien, weit im Süden des Landes reisen wir ein. Wir passieren in Syri i Kalter einen Quellteich, glasklares Wasser kommt mich Hochdruck aus dem Boden und füllt idyllisch einige Bassins inmitten des Grüns. Unser Blick auf`s Meer hinaus macht bald deutlich, dass die griechischen Inseln ganz nahe sind, und wir hoffen, dass es hier genauso schön sein wird.

Und nun sind wir da - an Albaniens Riviera-Küste. Feiner Kiesstrand, azurblaues Meer - und dennoch, es ist einer jener Orte, auf den wir uns erstmal einlassen müssen. Ganz eigenartig – manchmal braucht es das. Wir zwei schauen uns an und wissen, irgendetwas ist noch nicht ganz stimmig hier. Vielleicht waren wir zuerst mit Albanien nicht „ganz grün“, weil wir schon genug hatten von der ständigen Kurverei bergauf,  bergab. Vielleicht auch, weil uns die Ortschaften so gar nicht gefielen -  entweder nicht schön, weil eben leider so ärmlich, oder nicht schön, weil in Windeseile hässlich neu aufgebaut. Vielleicht auch, weil überall ganz viel Müll rumliegt, auch hier am Strand. Und doch, nach  einem halben Tag, haben wir  uns mit diesem Flecken hier wieder völlig ausgesöhnt. Der Blick ist nach vorne hinaus aufs  Meer und weg vom Müll gerichtet, die Kurverei ist schon vergessen und plötzlich wird unser Standplatz zu einem neuen kleinen Paradies. Wir machen also richtig Urlaub! Und wir haben wirklich Glück, gerade eben ist es noch eines – hinter der Kurve arbeiten leider schon auf Hochtouren die Bagger. Somit wird innerhalb der nächsten zwei Jahre oder auch schon früher hier eine Ferien- und Hotelmeile entstehen, die dem wunderbaren Strandabschnitt jeglichen Reiz nehmen wird.

Diese Tage, an denen wir so keine „Verpflichtungen“ haben, kein Transfer von einem Ort zum nächsten, keine notwendige Recherche, weil das nächste Ziel schon klar ist, auch keine Reparaturarbeiten o.Ä., eben diese Tage lassen auch viel Freiraum für Gedanken. Ich mag diese Zeiten. Auch, wenn manche dieser Gedanken sich zu Bildern, Wahrheiten oder auch Unwahrheiten verdichten, die mir nicht immer ganz so angenehm sind. Einfach weil sie mich wegholen von dort, wo ich eben  bin – weg von diesem wunderschönen Strand. Doch auch das gehört dazu, wir können uns nie ganz frei machen von unseren Gedanken. Manchmal gleiten sie einfach durch uns hindurch, lassen uns in Ruhe. Das ist dann das „wahre Reisen“, losgelöst von Dingen, die einen vom Hier und Jetzt ablenken könnten. Aber es wären nicht wir, es wäre nicht der Mensch, wenn er sich nicht immer wieder seiner selbst besinnen würde, mit allem was uns ausmacht – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Alles vollgespickt mit Erinnerungen, Träumen, Wünschen und Hoffnungen. Eben ein Kaleidoskop aus Gedanken – und eben hier am Strand haben sie Platz, holen sie mich ein, nehmen mich gefangen und tragen mich einmal wie auf wundersamen Schwingen durch die Zeit, und manchmal da halten sie mich gefangen, wie Kletterpflanzen, die mit kleinen Haken sich an der Kleidung festzukrallen versuchen. Da muss man sich dann langsam wieder davon befreien, auch mal überlegen, ob der Pfad, den man eben eingeschlagen hat, nicht vielleicht der  verkehrte war, manchmal sind Umwege ja die sichereren Wege. Und manchmal, da muss es auch ganz einfach so sein, dass man ein paar Schrammen abbekommt. So ist das Leben an sich  und eben auch das Reiseleben.

Ja, so führe ich manchen inneren Monolog.  Manches davon erzähle ich Christian und Manches behalte ich für mich. Und so wird er`s wahrscheinlich auch machen. Das sind dann jene Zeiten des Reisens, die einem ganz alleine gehören – auch gehören müssen.

So verlassen wir die Küste Albaniens mit wirklich schönen Erinnerungen an ein Plätzchen, das man durchaus wieder ansteuern kann. Unser letztes Ziel in Albanien ist der Ostzipfel des Skadar-Sees, gleich nach Shkoder. Das erste Mal auf dieser Reise wählen wir einen Campingplatz für unser Nachtquartier. Einfach weil die Fahrt nach Norden wieder recht mühsam war und wir nicht weiter suchen wollten, was es hier womöglich auch nicht zu finden gibt. Und wir sind sehr positiv überrascht, das Lake Shkodra Resort ist auch für Individualisten wie uns durchaus einen kurzen Stop wert! Es ist ruhig, nur wenige Touristen haben das große Areal „besiedelt“, sanitäre Anlagen sind 1A und das Essen istr köstlich.

Jetzt wissen wir, dass Albanien abseits der Touristenpfade an der Küste, deren Charme dem Bauboom anheim fallen musste, und fern so mancher trostlosen Tiefebene, dieses Land sicher einiges zu bieten hat. Vor allem sind es die Berge und die Hochtäler dazwischen, von denen wir noch viel zu wenige erkundet haben, die ein optimales Revier für Wanderer, Biker und Wildcamper bereitstellen. Das kommt vielleicht ein andermal dran, wenn wir wieder mal am Balkan gen Süden reisen.