Atlantikstürme und Lagerkoller

 

Es war schon die richtige Entscheidung, nochmal hierher zu kommen, nach Essaouira – in diese wirklich nette Stadt an der Atlantikküste. Am meisten beeindruckt uns abermals der große Fischerhafen. Trawler wie auch kleinere Fischerboote bringen große Mengen Fisch an den Pier. Jeden Tag zu Mittag suchen wir uns ein fangfrisches Exemplar aus und lassen es uns direkt dort grillen – einfach nur köstlich. Der letzte Bissen rutscht gerade noch vor dem nächsten Regenguss hinunter und wir flüchten zurück zu Styros. Der ganze Hafen ist aber nicht nur ein Paradies für humanuide Fischfreunde, auch unsere tierischen (noch lebenden) Freunde sind hellauf begeistert. Kreischende Möwen fühlen sich wie im Schlaraffenland und an der Größe und Dicke der Katzen lässt sich erkennen, dass auch für sie stets gute Beute abfällt. Überhaupt haben`s Katzen in dieser Stadt ziemlich gut. Nachdem sich der Kampf um das Futter erübrigt, weil einfach so viel da ist, leben sie scheinbar glücklich in großer Vielzahl nebeneinander und verbrauchen wenig Energie für Revierkämpfe.

 

 

 

In Essaouira ist alles ein bisschen entspannter als in Fes und Marrakesch. So lädt die Stadt unweigerlich zum Fotografieren, Flanieren und Einkaufen ein, und genau das tun auch wir – zumindest 2-3 Stunden vormittags, bevor wieder dicke Gewitterwolken uns ins Trockene treiben. Und spätestens seit heute Mittag macht uns das Wetter einen dicken Strich durch die Rechnung – es wird richtig ungemütlich. Vor drei Tagen erst hat Styros eine richtig große Wäsche bekommen, nachdem er ja ausgesehen hat, als hätte er sich in roter Erde gewälzt. Er wurde grobgereinigt, eingeschäumt und wieder abgebraust – richtig adrett hat er ausgesehen. Aber eben nur einen Tag lang – so ist das nun mal mit Kindern. Und eben heute, hier in Essaouira hat er`s wieder bunt getrieben. Wir stehen ja direkt an der Strandpromenade mit herrlichem Ausblick aber eben sehr nahe an Sand und Salz. Und eben hat es wieder zu stürmen begonnen – und wie! Der Atlantik bäumt sich auf, die Gischt wird immer höher und Styros bekommt

 

 

 

eine Breitseite nach der anderen ab. Also nichts wie weg hier – genug der Spielereien. Der Wind ist mittlerweile so stark geworden, dass es einem fast die Tür aus der Hand reißt, wenn man sie öffnet und natürlich bläst es gleichzeitig Sand und Staub ins Innere. Die Bucht von Essaouira hat sich braun verfärbt, Sand und Geröll haben das Blau verdrängt. Die Marokkaner selbst sind angezogen wie im Winter. Wer hat trägt Daunenjacke und Stiefel, die weniger Begüteten sind in ihre Kapuzenmäntel gehüllt, einen Schal tief ins Gesicht gezogen. Ja man kann es schon sagen, im Moment mutet es ziemlich ungemütlich an. Also haben auch wir uns ins Haus zurückgezogen und machen einen Heimnachmittag!

 

Der nächste Morgen ist Sonntag! „Ein Licht, ein Licht, das erste Kerzlein brennt“ – auch wir haben heute zum Frühstück die erste Adventkerze angezündet. Und so kalt wie es draußen ist, passt dies hier vielleicht sogar besser als zu Hause im sonnigen Österreich. Wir haben nun schon den gut vierten Tag mit Großteils Regen! Es will und will nicht aufhören. Vor zwei Tagen hatten wir wenigstens noch bis Mittag etwas Sonne, damit ist`s jetzt auch vorbei. So bleiben wir weiterhin im Haus, hören die gemeinsame Frühstückssendung mit Andre Heller (ja die Technik macht`s möglich) und stehen mittlerweile quasi vor den Toren seines schönen Gartens „Anima“ bei Marrakesch. Wir hoffen, dass dies ein gutes Zeichen ist und sich spätestens morgen wieder mal die Sonnenstrahlen ihren Weg nach unten bahnen oder zumindest die Regenwolken vertreiben werden.

 

Ich versuche sensibel wahrzunehmen, ob sich schon erste Zeichen von Lagerkoller breitgemacht haben – bin mir nicht sicher?! Christian schaut stoisch in seinen PC und hämmert in einem fort darauf los – ich befürchte Schlimmes. Ich habe eben vorhin mein Buch zu Ende gelesen und bemerke, dass dieser abschließende Akt etwas Bedauerliches haben kann. Man verlässt eine Welt, in die man über viele Stunden hindurch eingetaucht ist – und jetzt bin ich wieder hier in der Wirklichkeit – Regen auf der Tankstelle! Der Auslauf hier im Haus auf ca.11,5 m² ist ja nun tatsächlich gering und so müssen wir wohl oder übel irgendwann unseren Friesenpelz auspacken und draußen eine Runde drehen – draußen hier am charmanten Parkplatz vor der Tankstelle.

 

Der Tag ist vollbracht, wir dürfen nach einem Film (zwar schon gesehen, aber wir können uns meist nicht so gut erinnern?!?) schlafen gehen. Und siehe da, der nächste Morgen weckt uns tatsächlich mit freundlichem Wetter. Wir starten gleich los in Hellers Garten. Es hat nicht gerade schmeichelhafte 7 Grad und vom Hohen Atlas schaut richtig viel Schnee herunter. Ein sehr skurriles Bild mit den Kamelen und Palmen im Vordergrund. Der Garten Anima ist ein wunderbarer Ort der Ruhe – üppiges Grün versteckt spielerisch die skurrilen Kunstwerke unter sich. Andre Heller regt wieder mal die Fantasie an, lässt einen ein bisschen träumen, nicht alles ist real, aber eben doch Wirklichkeit. Wir sind schon ein bisschen vor dem offiziellen Einlass da und der nette Parkwärter lässt uns hinein. So gehört der ganze Garten für diese Zeit uns alleine. Langsam drängt sich die Sonne durch das üppige Blattwerk, lässt Pflanze für Pflanze erstrahlen und wärmt auch uns. Es ist wie ein gemächliches Erwachen nach langem Schlaf – und man darf Staunen was diese Gartenwelt einem da draußen alles bietet!