Auf den Spuren "Lawrence von Arabien"

 

Wir haben nun  die Wüste verlassen und schnurren geradezu auf gutem Asphalt weiter gen Norden in Richtung Berge. Vorbei ist die Zeit da uns Teile unseres Cockpits um die Ohren fliegen, Bücher aus der Ablage über uns, die kleinen Maskottchen von der Windschutzscheibe, das Navi aus der Halterung, keine Querrillen, die ein plötzliches Abbremsen erfordern, einfach nur planierte Straße. Auch nicht schlecht, wir müssen es ja zugeben. Aber hier in Marokko kann man nie mit Sicherheit sagen, welche Qualität eine Straße hat. Manchmal ist sie auf der Papierkarte dick und fett markiert, im wahren Leben aber einfach nur schauderhaft, ausgefranst, aufgebrochen und schlicht und ergreifend kaputt. Dann wieder entpuppt sich ein kleines Sträßchen als gut ausgebaute neue Straße mit frischem Asphalt. Also diesbezüglich ist dieses Land immer für Überraschungen gut und man darf gespannt sein. Unsere gewählte Route sollte gut sein …. Wenn da nicht dieser katastrophale Regen der vergangenen Woche gewesen wäre. Nun sind die Karten wieder neu gemischt und man wird sehen, ob wir mit unseren dicken Gefährten ein gutes Blatt haben. Einerseits können wir rasch mal über holprige Piste fahren, andererseits sind wir schlicht zu schwer dafür, eine ausgewaschene und abgebrochene Fahrbahnstelle zu überbrücken. Und siehe da, wir haben gleich beide Joker gezogen. Aber die Erfahrung der letzten Wochen lässt uns alles souverän bestehen und wir haben keine wirklichen Schwierigkeiten. Anders geht es da schon den 21 entgegenkommenden Joghurtbechern (Hymern und anderen Plastikbomern) mit ihrem oft elendslangen Überhang und ihrem geringen Bodenabstand. Jeder einzelne von ihnen wird sich abends das schweißnasse T-Shirt vom Leib ziehen und ein kühles Bier gönnen, falls der Tag erfolgreich geendet hat. Wir waren wirklich sehr erstaunt, dass die Straße so kaputt war. Sie muss dies schon vorher gewesen sein, eben im Begriff erneuert zu werden und dann  kam das Unwetter, hat Brücken weggerissen, Passagen unfahrbar gemacht und Oued-Durchfahrten geflutet. Und dabei wissen wir, dass es in Südmarokko noch viel größere Schäden gegeben hat, sogar mit Todesopfern. Wir sind also richtig gut durchgekommen und hatten sehr viel Glück.

 

Und so landen wir also ohne große Schwierigkeiten in Ait Benhaddou, dem wohl schönsten Beispiel traditioneller Lehmbauarchitektur der Berber. Hoch über dem Oued Mellah thront dieses Ksar, also dieses einst befestigte Dorf mit seinen verschachtelten Lehmhäusern und Kornspeichern, innerhalb eines Labyrinths von engen Gassen. Kein Wunder, dass diese Stätte immer wieder mal als Filmkulisse hat herhalten dürfen. Wir parken mit unserm Styros auf der gegenüberliegenden Seite des Flusstales und haben einen wunderschönen Blick auf die Anlage. Eben heute geht der Mond direkt dahinter auf, wir haben Vollmond und der Muezin ruft zur vollen Stunde zum Gebet. Schöner könnte die Kulisse nicht sein.

 

Am nächsten Tag wählen wir eine Zeit für die Besichtigung, zu der der „gemeine Tourist“ entweder noch nicht vor Ort ist oder noch beim Essen sitzt. Auf jeden Fall haben wir das Ksar fast alleine für uns. Natürlich haben sich ob der vielen Touristen auch die Händler eingefunden. Ihre kleinen Geschäfte flankieren so manchen Abschnitt am Weg ganz nach oben des Berges. Aber das steht ihnen zu, wirklich viele Möglichkeiten hier Geld zu verdienen, haben sie ja nicht. Ansonsten ist es noch sehr ruhig und einfach nur herrlich. Wenn wir also nun auch schon das zweite Mal hier sind, so sind wir uns spätestens jetzt sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Es gibt Orte, die sind es zweifelsohne wert, mehrmals besichtigt zu werden.