Von hoch oben nach ganz unten

 

Unseren Standplatz bei den Blauen Steinen teilen wir uns eine Nacht mit noch drei anderen LKW`s – immer wieder mal schön Kontakte zu knüpfen. Und so war`s ein netter Abend am Lagerfeuer.  Es war dann auch deren Vorschlag die R107 weiter nach Süden zu nehmen, da bereits zur Asphaltierung vorbereitet und gut befahrbar – „kannst 80 dahinbrettern“ meinte einer. Tja, es ist schon wirklich komisch wie Wahrnehmung divergieren kann, wie völlig unterschiedlich Menschen fokusieren. Na jedenfalls, die 80 sind vielleicht etwas übertrieben aber zu Beginn auch nicht ganz falsch. Danach allerdings sind sie völlig unerheblich, denn was dann aus unserer Sicht das einzig Bedeutsame dieser Strecke ist, und was auch das Einzige wäre, das ich anderen weitergeben würde: Ja, fahrt diese Strecke, sie ist einfach fantastisch!!!! Ganz offensichtlich möchte man hier ein Zeichen setzen  wozu der marokkanische Straßenbau fähig ist. Man hat eine richtig gute Straße mitten durch die Berglandschaft geschlagen.  Wie in einen Drachenschlund schlängeln wir uns Serpentine für Serpentine nach unten, links von uns tut sich eine atemberaubend tiefe Schlucht auf, das Gestein rechts von uns ist geschichtet wie eine Mannerschnitte, einfach nur traumhaft. Das Wetter hat sich ebenfalls noch ein großes Lob verdient und so fahren wir eine der schönsten Strecken dieser Reise zu der andere bloß erwähnt haben „kannst sie mit einem 80er brettern“. Also, man sollte sich doch lieber von allem selbst eine Meinung bilden – aber wir sagen Danke für den Tip.

 

Aber auch die Fahrt am nächsten Tag weiter Richtung Gulmim und Plage Blanche ist durchaus schön. Wie bei einem locker gesteckten Riesentorlauf fahren wir zwischen Bergrücken hindurch, rechts und links von uns gigantische Fesh-Fesh-Abbrüche und es geht richtig gut dahin. Nur manche Schikane, ein Oued oder auch eine Oase, bremsen unseren Lauf etwas ab. Und schon sind wir am Meer. Anders als im Vorjahr sind uns Wind und Wetter gnädig und wir können sogar einen richtig schönen Tag und Abend im Freien verbringen. Einen Tag, wie gesagt, denn schon in der Nacht schlägt das Wetter um und bereits morgens ist klar, dass ein Verweilen in Strandnähe keine Freude mehr bedeutet.

 

 Der Wind ist eisig, die Gischt des Atlantik zeigt ihre Kraft und wir weichen diesen Naturgewalten. Es ist ein bisschen schade, da wir bei besseren Bedingungen gerne noch ein Stück entlang der Dünen direkt am Meer gefahren wären. Na dann vielleicht das nächste Mal.

 

Doch auch in der nächsten Stadt zeigt sich ganz rasch, was Regen in diesem Land bedeuten kann. Jede Pfütze, jede Bodenunebenheit füllt sich rasch mit Wasser und unser kurzer Spaziergang ins Kaffeehaus (denn was sonst bleibt einem bei diesem Hundewetter noch für eine Möglichkeit), entpuppt sich bald als Kneippkur, da wir durch knöcheltiefes Wasser waten. Na gut, hier zu bleiben macht also auch keinen Sinn. Wir verabschieden uns einen Tag früher von Werner und Gertraud und beenden unsere wirklich schöne gemeinsame Zeit in Marokko. Die beiden fahren weiter nach Süden und für uns beginnt quasi die Heimfahrt, es geht langsam Stück für Stück wieder gen Norden.

 

Auch hier haben wir noch richtig schlechtes Wetter, verbringen eine unglaublich charmante Nacht an einer Tankstelle und machen uns dann weiter auf Richtung Essaouira, in jene Küstenstadt, die uns schon im Vorjahr so gut gefallen hat. Tags  darauf ziehen wieder pechschwarze Wolken mit uns mit und wir scheinen eine undurchdringbare Wand vor uns herzuschieben. Nur ab und an lichtet sich das Grau etwas, macht einigen wenigen Sonnenstrahlen Platz und in diesem winzigen Spalt generiert sich ein Regenbogen, ein spannendes Schauspiel. Die Straße macht uns teilweise Kopfzerbrechen, ob sie denn wohl auch hält, ob auch jener seitliche spärlich geschotterte Teil unseren dicken Boliden wohl wird stützen können, aber alles geht gut. Trotzdem wir die Hauptroute verlassen mussten, und  mit uns auch der gesamte Schwerverkehr aus Agadir kommend, wir uns allesamt auf dieser eben genannten schmalen Straße trafen, wir ständig in den Sand ausweichen mussten, trotz alledem sind wir zwar müde aber ohne Probleme in Essouira angekommen. Und siehe da….. die Wolkendecke öffnet sich abermals und die Stadt begrüßt uns relativ freundlich, wenn auch mit

 

 eisigen Temperaturen. Nicht umsonst nennt man Essaouira auch „Windy City“ – und ja, die Stadt wird ihrem Ruf gerecht. In weiser Voraussicht haben wir im Haus schon bei der Herfahrt etwas eingeheizt und somit ziehen wir uns nach einem Bier an der Strandpromenade in unser kuscheliges Heim zurück. Fenster und Türen zu, heute gibt`s noch Resteessen - Krainerwurst mit Senf, Majo und Kren für Christian und die Nudeln von gestern für mich - danach einen Tatort aus der Konserve (weil halt draußen so grauslich) ….. und wieder ist ein Tag vorbei.