Das Grabmal der Liebe

Agra hat  nicht viel zu bieten , Hektik , Staub , Lärm. Wir finden ein Guesthouse und wenn es nicht einen unglaublichen Blick auf das Taj Mahal von der Dachterrasse aus hätte würden wir wohl achtlos daran vorbeigehen . So aber nehmen wir zugunsten des Blicks ein muffiges Zimmer in Kauf. Wir haben zwar ein eigenes Bad , aber gegenüber unserer Türe ist der "shared bathroom" der anderen Zimmer, die stinkenden Löchern gleichen, und entsprechend ist auch das  entree zu unserer Behausung . Irgendwie schaffen Elke und ich es immer wieder mal so richtig ins "Schwarze" zu treffen. Und dann sitzen wir in unserem Zimmer und fragen uns, wo wir bei der Auswahl doch wieder mal hingesehen haben. Diesmal wohl wirklich nur in Richtung Taj Mahal. Nun, es riecht nach Kloake und ab und zu kommt uns auch eine solche entgegen, wenn ein anderer Gast versucht hat der Leitung eine Spur von warmem Wasser zu entlocken . Auch wir haben kein Glück damit - kein Warmwasser in unserem Zimmer . Ich gehe zur Rezeption um zum wiederholten Mal diesen kleinen Luxus einzufordern und werde diesmal erhört : "Sir , come with me"  . Er führt mich zu eben oben erwähnten " shared bathroom " und erklärt Folgendes : "Sir , look here ", - ich erkenne in einem finsteren Raum einen verrosteten Boiler , die Rohrleitungen schwer oxidiert - our emergency equipment -   I am starting the machine now" Sprichts , nimmt 2 schwarzverkohlte Kabel , steckt sie in eine ebenso schwarzverkohlte Steckdose - es funkt und raucht kurz  "Sir, in 20 minutes you will have hot water" . Leider wurde nichts daraus - die Vorfreude hat nur 5 Minuten gedauert - power break - kein Strom mehr .  

 

Ja, Christian hat recht: das Taj Mahal ist wahrlich der einzige Grund nach Agra zu kommen. Jedoch diese beeindruckende Mogul-Baukunst ist diesen Besuch zweifellos wert. Die gesamte Anlage repräsentiert einem islamischen Prinzip folgend zwar das Paradies, ist jedoch in erster Linie das Denkmal einer großen Liebe. Shah Jahan ließ es als Grabmal für seine Lieblingsfrau bauen. Ich habe Christian nur kurz gefragt, ob er mir auch ein Denkmal für unsere Liebe setzen würde.... Christian und Kurt waren sich da ganz schnell einig, dies wäre schon geschehen: mein Tandoori-Ofen im Garten!

Ich bin ja auch wirklich schwer von Begriff, dass ich dies nicht schon vorher erkannt habe!

 

Zurück zum Taj. Für mich ist es das beeindruckendste Bauwerk, das ich je gesehen habe, und auch die Massen von Touristen können diesem Zauber eigentlich nichts anhaben - sie gleichen Ameisen vor dieser Mächtigkeit . Ein riesiger Palast, zur Gänze aus weißem Marmor, und je nach Einfall der Sonnenstrahlen schimmert das Gestein in Beige und Gelbtönen. Der Bau ist eigentlich schnörkellos, schlicht und klar, und obwohl ganz aus Stein hat er etwas liebreizendes. In feinster Intarsienarbeit winden sich Blumenranken entlang der Wände nach oben, so feinste Marmoreinlegearbeit, wie ich sie noch nie gesehen habe. Unvorstellbar, dass dies herzustellen möglich war.

Dabei hatten wir noch Glück, dass wir überhaupt in die Palastanlage durften. Um 10.00 vormittags wurde das gesamte Areal menschenleer, nur mehr zugänglich für eine kleine Abordnung von VIPs - tja, unserem EU-Präsidenten konnten wir diesen vorzeitigen Rausschmiss verdanken. Herman Van Rompuy musste an eben diesem Tag das Taj sehen.... Da hat das Fußvolk dann keine Chance mehr. Unser Vorschlag wäre, das Taj uns zu überlassen und sich lieber um die Probleme in Europa zu kümmern.