Jaipur

Wir reisen von Pushkar nach Jaipur, einer der jüngsten Städte von Rajasthan mit rund 2 Mio. Einwohnern. Auf dem Weg dort hin besuchen wir eine Papierfabrik mit angeschlossener Stofffabrik, in der einerseits die handbedruckten Stoffe gewaschen und andere Stoffe  gebleicht werden.

Fabriken? Bei der Einfahrt erwartet uns ein riesiger Haufen Altpapier, der bei näherer Betrachtung aber mehr Restmüll als Papier erkennen lässt.  Überall im Hof, auf sandigem staubigem Boden liegend, wechseln sich die produzierten Papierblätter mit den gewaschenen Stoffbahnen ab. „Natural drying“ nennt man diesen Prozess hier. Die in der Sonne getrockneten Bögen werden eingesammelt, zwischen Walzen geglättet und dann im Stapel geschnitten. Die Elektroantriebe der Maschinen laufen alle ohne irgendwelche Schutzbleche oder Schalter, eiern und die Stromkabel sind nur zusammengedreht und teilweise blank. Der Geruch der Pulpe, die breiige Masse aus dem der Karton entsteht, verfolgt mich den ganzen Tag, nicht nur in der Nase sondern bis in den Magen. Christian ist das als altem Papiermacher ja alles wohl bekannt, und Elke findet`s auch mehr als eklig.

Gegenüber stehen Männer bis zur Hüfte in riesigen Betonbecken, in  …? „Ja worin stehen die eigentlich?“ fragen wir uns. Sicher den ganzen Tag in eiskaltem Wasser um die einzelnen Stoffbahnen zu waschen und auszuwringen. Rundherum finden wir die unterschiedlichen Chemikalienbehälter und -säcke, meist halb leer, also durchaus in Verwendung. Welchem Cocktail an Farben, Waschmitteln und Bleichstoffen sich die Männer hier bauchtief aussetzen müssen, ist ihnen wahrscheinlich nicht klar. Uns auch nicht, jedoch sind ihre Handflächen schon so weiß, wie wir es sonst nur von extremen Pigmentveränderungen der Haut kennen.  Alles was an Abwässern aus der Papier- und Stoffbleiche anfällt, rinnt in Rinnsalen weg. Es versickert und rinnt bergab zum naheliegenden Fluss. Umweltschutz und Arbeitsschutz sind in diesen Betrieben Fremdworte, aber  wie soll´s auch anders gehen, aufgrund der Preisen die die westliche Welt nur bereit ist zu bezahlen. Ein eigenartiges Gefühl wenn man sich diese Betrachtungsweise einmal vor Augen führt .

Nach Pushkar, einem an Touristen und Pilger angepassten Ort, holt mich hier in Sanganer, diesem Industrieviertel, das triste Arbeiterleben, die Einfachheit, der Schmutz und die teilweise extreme Armut Indiens, wieder ein. Oft fragen mich Christian und Elke, ob ich Indien wohl gut aushalten könnte…. Ja, ich kann`s und doch muss ich manchmal innehalten, um alles zu verdauen.

Am nächsten Morgen besichtigen wir den, manchen vielleicht aus Filmen bekannten, „Palast der Winde“. Beeindruckend schön, jedoch ist die Hawa Mahal eigentlich nur eine Fassade. Geschütz hinter den unzähligen Fenstern standen früher die Frauen des Maharadschas und konnten somit, wenn auch nur aus der Ferne, das Geschehen auf der Straße mitverfolgen. Das Flüstern der Frauen erzeugte in der Gesamtheit ein Geräusch das dem Rauschen des Windes gleicht. Daher auch der Name „Palst der Winde“.

Weiter führt uns der Trip zur Festungsanlage Amber. Ein mächtiges Fort hoch über die Stadt ragend, umgeben von einem Schutzwall der das ganze Tal einschließt. Zum Fort selbst führt eine „ Elefantenautobahn „ . Pauschaltouristen stellen sich in einer langen Schlange an um von diesen edlen Dickhäutern bergan getragen zu werden . Wir empfanden diese großen  , so gutmütig dreinblickenden Dickhäuter eher als bemitleidenswert und benutzen unsere eigenen Füße zum Aufstieg.

Durch Zufall, eine falsche Stiege abseits der Touristenströme wählend, kamen wir in eines der feinsten Restaurants Rajasathans.  So kommen wir in den Genuss „ DAS „ VIP Restaurant Indiens zu sehen , ein Kellner öffnet uns unversehens die Tür zu diesen heiligen Räumen. Schon oft gebraucht fällt uns auch hier nur wieder das Wort „Gegensätze und Dekadenz “ ein. Wir stehen vor einem Märchen aus Silber , Seide , feinstem Porzellan und Kristallglas. Ein Speisezimmer – gedeckt für die Wichtigsten der Wichtigen und ein Hohn was die Armut zu Füßen der Burg anbelangt . Sofas und Diwane mit Brokat bezogen stehen auf kleinen Aussichtsterrassen ganz oben hoch über der Stadt. Zugegeben, ein Candlelight-Dinner hier oben ist schon ein verlockender Gedanke.

Eigentlich bin schon ein bisschen besichtigungsmüde, doch wir beschließen noch einen Abstechen zum Affentempel. Weitererzählen muss jetzt Christian, denn mir war die Vorstellung von 2000 Affen einfach ein Gräuel und  daher beschloss ich draußen bei einem Chai auf die beiden zu warten.

Der Tempel liegt in ein tiefes Tal eingebettet landschaftlich sehr schön und ist auch als Tempel einen Besuch wert . Nur die angekündigten 2000 Affen finden wir nicht – Kurt`s Sorge war also umsonst. Es sind nur wenige da – vielleicht wegen der Jahreszeit – es gibt noch genügend Wasser in den Wäldern rundum und so sind sie nicht auf die beiden Wasserbecken im Tempel angewiesen. Diese gehören dafür Frauen die wiederum heilige Waschungen vornehmen und Jungs die sich einen riesen Spaß daraus machen sich das Wasser eimerweise über den Kopf zu gießen . Eine Einladung dazu lehne ich dankend ab muss aber viele Fotos machen und eiskalte Hände schütteln – die Jungs bibbern vor Kälte – aber sie haben Spaß .

Abends haben wir noch das Erlebnis der ganz besonderen Art :  es ist Vollmond und Heiratsmonat. Eine Vielzahl von Hochzeitsgesellschaften zieht durch die Straßen , der Bräutigam hoch zu Ross , angeführt von einer furchteinflößenden Combo die zweifelsohne die „Lizenz zur Gehörmarterung„ hat , bestehend aus Trommlern und unglaublich falsch spielenden Blechbläsern – nach dem Motto – laut , falsch , aber mit Begeisterung . Dieser Zug bewegt sich dann in Richtung des Festgrundes wo er mit der Braut zusammentrifft . So ein Festgrund ist gegenüber unserem Guesthause und es geht auch schon hoch her . Wir blicken demzufolge neugierig über den Zaun und werden  spontan eingeladen . Elke und Kurt ziehen ihr bestes Gewand an – ich tue mir da etwas schwer denn ich habe nur mein Reisekleid – egal – Feste werden gefeiert wie sie fallen und so sind wir auch schon mitten drin in einer ca. 1000köpfigen Hochzeitsgesellschaft von der wir keinen kennen . Interessant war es allemal wieder einmal auf der anderen Seite zu stehen – 3 Exoten unter 1000  Indern . Unzählige Male haben wir uns mit ihnen fotografieren lassen müssen, unzählige Male haben wir erzählt, woher wir kommen – nein nicht aus Australien, no Kangaroos ….., haben x-Mal unsere Namen genannt und ganz wichtig: Elke ist meine Frau und Kurt ist Elke`s Bruder! Na irgendeine „anständige“ Erklärung mussten wir uns für unser Dreiergespann ja einfallen lassen. Und diese Version begleitet uns nun eigentlich schon die ganze Zeit. Den Indern ist dies nämlich unglaublich wichtig. So schlampige Verhältnisse könnten sie gar nicht verstehen!  Das Essen war sehr gut, nur Kurt hatte es etwas schwer: ein junger Mann hat sich zu seinem ständigen Begleiter erklärt und seinen Teller unentwegt mit neuen Köstlichkeiten gefüllt – Süßes neben Saures, scharfe Soßen über üppige Klöße, und noch ein Naan drauf… auf jeden Fall aber mit noch etwas Soße! Wir waren mehr als satt - – lediglich was die Inder unter „feucht- fröhlich „ verstehen ist  bei uns nicht so besonders angekommen . Es gab Wasser aus dem Tankwagen das zuerst in alte Chemikalienfässer und dann in Trinkbecher gefüllt wurde , dazu ein eigentümliches Gebräu das sie „Shake„ nannten und einen „Kaffee„ von dem Kurt heute noch sagt : Hei , der ist ja so weiß wie des Häferl…….  Den Digestiv haben wir dann noch spätabends auf unserer Terrasse eingenommen – ein kleines Cola-Whisky zum Verdauen.