Von heiligen Kühen und anderem Getier

So wie die Stadt den Tag verabschiedet und in die Nacht gleitet, so erwacht sie auch frühmorgens. Die Gebete der Menschen stehen fast die ganze Nacht über der Stadt – aus den Hindutempeln wie auch aus den Moscheen gelangen die Stimmen unermüdlich an unser Ohr. Ansonsten erwacht Indien langsam, ganz allmählich. Gehören die Straßen und Gassen morgens zuerst v.a. den heiligen Kühen, so gesellen sich nach und nach Händler dazu, die Geräuschkulisse schwillt an und wird um einige Dezibel lauter, bis man sich gerne ab und an ein stilles Refugium sucht, um die Sinne wieder zu entspannen. Doch noch ist es nicht so weit. Ich wandere mit meiner Stirnlampe durch die finsteren Gassen ( wieder mal Stromausfall ) um den Sonnenaufgang über dieser fantastischen Kulisse zu erleben und festzuhalten . Die Augen der Kühe und Hunde leuchten im Lichtkegel und öfter mal muss ich eine Kuh beiseite schieben bzw. erklimme die eine oder andere Mauer um an einem stattlichen Ochsen vorbeizukommen . Die „Unberührbaren" reinigen die Straßen vom Unrat der aus jedem Hause einfach hinausgeworfen wird . So entgehe ich auch nur um Haaresbreite einem großen Müllsack, der mit einem satten Klatsch ca. 1 Meter vor mir auf der Straße aufschlägt . Der Eigentümer befindet sich im 2. Stock und hat ihn ohne jegliche Sorgfalt was oder wer da wohl unten sein könnte vom Balkon geworfen . Sofort nehmen ihn Hunde und Kühe in Beschlag und streiten sich um Plastik und Inhalt . Überhaupt unterstützen die Tiere die nur sehr mangelhafte Müllabfuhr, indem sie alles vom Plastik bis zum Karton einfach auffressen .

 

Wir brechen heute ziemlich früh auf, da wir noch eine weite Autofahrt bis zu unserem nächsten Ziel vor uns haben.

Was macht diese Gegend aus? Menschen gehen entlang dieser schnurgeraden Straßen und man fragt sich wohin? Auf weiten Strecken kein Dorf zu sehen. Keine Erhebungen, sandige Böden, karges Buschwerk, Ziegeleien, kleine Schaf- und Ziegenherden, die Ebene  durchzogen nur von Strommasten, wie Lebensadern und doch nicht wirklich schön. Nichts ermuntert zu einem Fotostopp.  Die Landschaft, in Braun- und Ockertönen gemalt,  durchbrochen nur hin und wieder von einem Farbkleks, einem blühenden Rapsfeld oder bunt gekleideten Frauen am Wegesrand – das Auge dankt für diese Abwechslung. Ein bisschen öde mutet es hier an – wir befinden uns am Rande der Wüste.

 

Nach 7 Std. erreichen wir Nagaur - Cattle-Festival, so schreibt es Google und auch unser Guidebook, wir sind schon gespannt. Nagaur ist ein ziemlich hässlicher Ort, der uns vor allem ob seiner Staubschwaden in Erinnerung bleiben wird. Wir schlucken und inhalieren Unmengen davon und so fühlen sich auch unsere ausgetrockneten Kehlen an. Mittlerweile haben wir Bingbong mit den Schnupfenviren gespielt und streiten uns um die Klorolle, die unser ständiger Begleiter als Taschentücherersatz geworden ist. Der Staub ist hier nicht förderlich. Aber was soll`s, we are on tour.

Das Cattle-Festival läuft bereits seit 2 Tagen, doch wir haben noch Teil am Ende der Veranstaltung. Auf einem riesigen Areal tummeln sich 70.000 Rindviecher, und eine durchaus ansehnliche Menge an Kamelen und Pferden - und wir mitten drin, neben geschätzten noch fünf weiteren Touristen. Hier waren eindeutig wir die Besonderheit für unsere "Gastgeber". Unzählige Male haben wir unseren Namen genannt, erzählt aus welchem Land wir kommen - "no, not Australia but Austria in Europe" und ob wir das 1. Mal in Indien wären. Also die Standardfragen .... wir beantworteten sie gerne wieder und wieder und lassen uns von ihnen mit ihrem Handy fotografieren.

Kurt O-Ton: "die Hos`n woar staubig bis zu di Knia". Und so war`s auch! Wie aus dem Ei gepellt sehen wir im Moment ohnedies nicht aus, da unsere Unterkünfte etwas spartanisch ausfallen und wir auch einfach zu kurz an einem Ort verweilen, um wieder "große Wäsche" zu machen. Aber das holen wir bald nach.