Tikal

Unser letztes großes Kulturabenteuer auf unserer Reise hat meine Erwartungen sogar noch übertroffen. Tikal, die größte Maya-Stätte überhaupt, ist ein ganz besonderes Erlebnis. Eingebettet in dichten Regenwald finden sich hoch aufragende Tempel, Palastruinen und unzählige kleinere Gebäude. Ein Reich, das in seiner Blütezeit  zwischen 300.000 – 500.000 Menschen beherbergte.

Wie die verschlungenen Arme eines Riesenkraken überziehen die Wurzeln der Bäume den Dschungelboden, und  das Unterholz ist zum Teil so dicht, dass man abseits der Besucherpfade  ohne Machete hoffnungslos verloren wäre. Nicht umsonst heißt Tikal auch „Der Ort, an dem die Geisterstimmen ertönen“ – die Geräuschkulisse zieht einen unweigerlich in Bann. Vor allem Frühmorgens, wenn es noch dunkel ist und Brüllaffen einen das Fürchten lehren, wenn sie mit ihrem Löwengeschrei ihr Territorium abstecken. Auch tagsüber dringen immer wieder ganz fremdartige Geräusche an unsere Ohren, Vögel, die ein so wundersames Konzert von sich geben, das man einfach nur im Dschungel zu hören vermag. Unsere liebsten Freunde waren allerdings die herzallerliebsten Nasenbären, die in großen Gruppen umherschnüffeln. Einmal zählten wir in unserem Hotelgarten (wir haben mitten im Nationalpark, 5 Gehminuten von den Ruinen gewohnt) 32 Stück!  Wir überlegen immer noch, ob wir einen als Spielgefährten für die Nachbarskatze mit nach Hause nehmen sollten. Sie lieben Butterkekse, und …. das gibt uns noch zu denken – Taranteln, die sie mit ihren spitzen Krallen im Erdboden aufstöbern.

 

Tikal ist also ein Nationalpark, in dem Flora und Fauna noch intakt sind – und das spürt man irgendwie. Wenn man die vielen Stufen auf die Sonnenaufgangspyramide geschafft hat, den ersten Schwindelattacken standhalten konnte, erwartet einen ein absolut grandioser Ausblick. Wir haben die Ruinenstätte dreimal besucht, und heute morgen ging`s schon um 4.00 Uhr los. Es war stockdunkel, wir waren alleine – begleitet nur von  den beängstigenden Lauten der Brüllaffen und dem Lichtkegel unserer  Stirnlampen. Oben angelangt, wenn das diffuse Licht der Morgendämmerung langsam Konturen erkennen lässt, wähnt man sich in einer fremden Welt.  Ich denke mir, Tollkin muss vor „Herr der Ringe“ mal hier gewesen sein – alles sehr  mystisch, einfach wunderschön. Ringsum nur Regenwald soweit das Auge reicht, und nirgendwo erblickt man Zeugnisse unserer jetzigen Zivilisation, nur die Spitzen der alten Maya-Ruinen.  Langsam erscheint die Sonne wie ein glühender Ball am Horizont und taucht  die  zuvor noch mattblaue Umgebung in wärmere Rottöne. Wie auf Befehl wird es kurz totenstill, der Urwald scheint innezuhalten, bis nach einigen Minuten plötzlich ein ohrenbetäubendes Vogelgezwitscher einsetzt wie zum Morgengruß und langsam gesellen sich auch die anderen Geräusche wieder dazu, einschließlich der Territoriumsbekundungen der Brüllaffen.

Wir werden beide diesen Ausflug nicht so schnell vergessen – und wissen wieder ganz genau, weshalb wir so manche Mühen zwischendurch auf uns genommen haben!