Über Umwege ins

Ihlara - Tal

Antalya – KH – Binnensee Beshehir - Ihlara-Tal – KH - Aksaray

 

Wir verbringen letzte Tage an der Küste und man könnte es fast wörtlich nehmen „ein Sturm kommt auf“. Draußen bläst es immer wieder mal aus vollen Rohren, sodass wir uns nur noch  direkt hinter einen unserer doch recht großen Reifen stellen können, um der böigen Attacke zu entkommen. Gegessen wird an so einem Abend nur noch drinnen – sonst darf das Weinglas nie leer werden, würde es doch sonst sofort an Halt verlieren. Und Gutes darf nicht vergeudet werden!

Ja, und emotional sehr stürmisch geht es auch mir. Ein schlafend geglaubter Drache in meinem Nervensystem zeigt wieder mal (nach 25 Jahren) seine Krallen und peitscht unüberhörbar seinen Schwanz. Soll heißen, ich kann Entzündungszeichen und deren Symptome in meinem Körper nicht mehr ignorieren und beschließe, ins Krankenhaus zu fahren. Wir sind nahe an Antalya, hier ist alles relativ einfach. Uns wird von Beginn an eine Dolmetscherin zur Seite gestellt, die uns durch alle Abteilungen begleitet. Die medizinische Vorgehensweise erscheint mir professionell und gut. Man findet nichts Außergewöhnliches.

 

Als starke Drachenbezwingerin bestärkt und medikamentös aufgepeppelt machen wir uns weiter auf den Weg, diesem wunderbaren Land mit seinen wunderbaren Menschen weitere Kultur- und Landschaftsschönheiten abzuringen. Nach Antalya geht es ein Stück nach Norden, zum drittgrößten See des Landes, an den Beshehir See. Der Standplatz ist schön, aber leider stark vermüllt. Abends werden wir von türkischen Nachbarn gleich zu Gegrilltem eingeladen – eine Geste, der wir hier allerorts immer wieder begegnen. Der Weg dorthin führt über eine Autobahn, die einer endlosen Landebahn für Kampfjets gleicht, so groß, so neu und so uncharmant durchschneidet sie jene traumhaft schöne Landschaft. Monströse Asphaltbänder, die schmerzlich ohne Rücksicht auf Verluste in die Natur gehackt wurden. Und wir fragen uns die ganze Zeit, wofür???? Die Antwort bleibt uns die Straße schuldig.

Der Binnensee ist ein Zwischenstopp, bevor es ins liebliche Ihlara-Tal geht, an einen Platz, den wir vom letzten Mal schon kennen. Und …. er ist noch genauso wild romantisch, wie einst! Wir freuen uns, Heinrich und Ulli diesen märchenhafter Platz noch zeigen zu können. Wiesen, ein verwunschenes Bacherl, Baumreihen, die uns einer mystisch gelegten Spur gleich in diese Zauberwelt verführen, säumen unseren Standplatz. Wieder werden wir von den Leuten aus dem Dorf für den nächsten Tag eingeladen, von Vorbeikommenden freundlich begrüßt sowieso. Nur da ja der Kampf mit dem Drachen angesagt ist, wird aus dem Date nichts – manche (auch unbeliebte) Besucher soll man nicht warten lassen. Meine inneren Geister wollen nicht ganz ruhen, bescheren uns wieder eine schlaflose Nacht und wir treffen den Entschluss, ein weiteres ausgewähltes Krankenhaus in Aksaray aufzusuchen. Ich durchlaufe nochmal sehr professionell alle möglichen Untersuchungen. Ein sehr liebenswerter Deutsch-Türke, der seinen Vater zu einer Operation hier ins KH begleitet, bietet sich gleich als Übersetzer an. Er selbst spricht akzentfreies Hochdeutsch und begleitet uns bis zum Nachmittag. Und wenn er zu seinem Vater geht, lädt er uns in der Zwischenzeit zu Tee in der Kantine ein. Der betreuende Arzt stellt von Beginn an einen „Begleiter“ für uns ab, der zwar nur türkisch spricht, aber unser organisatorischer Atlatus ist und uns ohne große Wartezeiten durchschleust. Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen kommunizieren unbürokratisch rasch mal zwischendurch für einen Austausch miteinander und der Umgang insgesamt ist äußerst entspannt. Wenn kein Übersetzer zur Hand ist, hilft Google Translater und auch das funktioniert ausnahmslos gut. Man spürt hier die Überlastung nicht, wie in unseren heimischen Krankenhäusern – haben sie wohl hier auch nicht – und das tut auch dem „Bedürftigen“ gut. Auch wenn ich in einem 1.Klasse Zimmer bin, spreche ich hier natürlich von türkischem Standard, Bausubstanz und Ausstattung sind mit jener bei uns nicht zu vergleichen. Aber das stört mich nicht – an der medizinischen Betreuung kann ich rein gar nichts aussetzen! Ein Medizin-Tourismus aus Mitteleuropa hierher würde mich überhaupt nicht verwundern. Wahrscheinlich findet er eh schon statt. Die Preise sind mehr als moderat und ich hätte meine Untersuchungen und möglicherweise auch ein Bett zu Hause nie so rasch organisieren können.

Das Ergebnis ist nicht so erfreulich, wie ich das gerne hätte, aber es ist immerhin ein Ergebnis. Ich entschließe mich (so wie ich es auch zu Hause getan hätte) zu einer 5-maligen Cortison-Infusions-Gabe. Das wird den Drachen wieder ruhigstellen – hab ich ihm gesagt. Und das macht letztlich den Kopf wieder freier – dann darf es ans Gesundwerden gehen. So mein fester Plan! Christian ist ein Genie im Organisieren und Planen – genau das Richtige in stürmischen Zeiten. Ich absolviere drei Infusionen im KH, die restlichen zwei schließt mir Hr. Dr. Binder im Styros an. Jetzt steht fest, wir machen für die nächste Zeit eher kleine Schritte, kurze Wege und viele Pausen. Gesundwerden braucht Ruhe, Zeit und etwas Glück. Mit diesen hoffentlich mir treuen Gesellen im Gepäck fahren wir weiter in die Zauberwelt der Trolle und Feen nach Kappadokien.